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Dr. W. v. Buddenbrock :
das Tier wieder in die schräge Lage zurückwirft, die es vorher
einnahm und die allein eine zweckmäßige Schwimmbewegung
gewährleistet.
Am Schlüsse dieses Aufsatzes möchte ich noch mit einigen
Worten auf die vermutliche phylogenetische Entstehung der
Asymmetrie der Statocysten eingehen. Es Ist hier die Frage
zu erörtern, wie man sich überhaupt die Entstehung einer
asymmetrischen Form aus einer symmetrischen vorstellen kann.
Offenbar gibt es hierfür nur zwei Wege: Einmal könnte die im
Verlauf der Ontogenie hei jedem Individuum auftretende geringe
Asymmetrie als Ausgangspunkt dienen, und wäre die Annahme
zulässig, daß dieselbe durch Selektion etwa allmählich verstärkt
würde. Die Entstehung der Asymmetrie wäre in diesem Falle
eine zufällige. Lassen wir diese Möglichkeit, die Asymmetrie zu
'erklären, außer acht, so bleibt als zweite nur die Wirkung
asymmetrischer Reize auf den vorerst symmetrischen Organis-
mus übrig. Derartige Reize können aber nur auftreten, wenn
das betreffende Tier sich in einer zu seiner Umgebung asym-
metrischen Lage befindet, und wir sind in diesem Fall ge-
zwungen, die Asymmetrie der Form als kausal bedingt anzu-
sehen durch diejenige der Lage. In diesem Zusammenhang
scheint mir nun die Tatsache äußerst bemerkenswert zu sein,
daß bei den die Asymmetrie der Statocysten — soweit
das Schwimmen in Frage kommt — nur wirksam ist in sym-
metrischen Lagen, in denen asymmetrische Reize überhaupt
nicht auftreten, während sie in asymmetrischen Lagen ohne
jede Bedeutung ist, wie oben ausführlich erörtert wurde. Dies
beweist doch, scheint mir, daß die phylogenetische Entstehung
der Asymmetrie der Statocysten mit deren Funktion beim
Schwimmen gar nichts zu tun hat. Folglich müssen wir die
Zweckmäßigkeit der Asymmetrie, die ein korrektes Schwimmen
erst ermöglicht, auch dann für zufällig erklären, wenn wir die
Selektion ausschalten.
Ich hin daher geneigt, das hier behandelte kleine Problem
als einen freilich sehr bescheidenen Beitrag zur mechanischen
Zweckmäßigkeitstheorie zu betrachten, insofern als es zu zeigen
vermag, daß es im Tierreich Einrichtungen gibt, die für einen
bestimmten Gebrauch höchst zweckvoll erscheinen, und die doch
keineswegs zu eben diesem Gebrauche „erfunden" wurden,
vielmehr ihre spezifischen Eigenschaften, welche sie so zweck-
Dr. W. v. Buddenbrock :
das Tier wieder in die schräge Lage zurückwirft, die es vorher
einnahm und die allein eine zweckmäßige Schwimmbewegung
gewährleistet.
Am Schlüsse dieses Aufsatzes möchte ich noch mit einigen
Worten auf die vermutliche phylogenetische Entstehung der
Asymmetrie der Statocysten eingehen. Es Ist hier die Frage
zu erörtern, wie man sich überhaupt die Entstehung einer
asymmetrischen Form aus einer symmetrischen vorstellen kann.
Offenbar gibt es hierfür nur zwei Wege: Einmal könnte die im
Verlauf der Ontogenie hei jedem Individuum auftretende geringe
Asymmetrie als Ausgangspunkt dienen, und wäre die Annahme
zulässig, daß dieselbe durch Selektion etwa allmählich verstärkt
würde. Die Entstehung der Asymmetrie wäre in diesem Falle
eine zufällige. Lassen wir diese Möglichkeit, die Asymmetrie zu
'erklären, außer acht, so bleibt als zweite nur die Wirkung
asymmetrischer Reize auf den vorerst symmetrischen Organis-
mus übrig. Derartige Reize können aber nur auftreten, wenn
das betreffende Tier sich in einer zu seiner Umgebung asym-
metrischen Lage befindet, und wir sind in diesem Fall ge-
zwungen, die Asymmetrie der Form als kausal bedingt anzu-
sehen durch diejenige der Lage. In diesem Zusammenhang
scheint mir nun die Tatsache äußerst bemerkenswert zu sein,
daß bei den die Asymmetrie der Statocysten — soweit
das Schwimmen in Frage kommt — nur wirksam ist in sym-
metrischen Lagen, in denen asymmetrische Reize überhaupt
nicht auftreten, während sie in asymmetrischen Lagen ohne
jede Bedeutung ist, wie oben ausführlich erörtert wurde. Dies
beweist doch, scheint mir, daß die phylogenetische Entstehung
der Asymmetrie der Statocysten mit deren Funktion beim
Schwimmen gar nichts zu tun hat. Folglich müssen wir die
Zweckmäßigkeit der Asymmetrie, die ein korrektes Schwimmen
erst ermöglicht, auch dann für zufällig erklären, wenn wir die
Selektion ausschalten.
Ich hin daher geneigt, das hier behandelte kleine Problem
als einen freilich sehr bescheidenen Beitrag zur mechanischen
Zweckmäßigkeitstheorie zu betrachten, insofern als es zu zeigen
vermag, daß es im Tierreich Einrichtungen gibt, die für einen
bestimmten Gebrauch höchst zweckvoll erscheinen, und die doch
keineswegs zu eben diesem Gebrauche „erfunden" wurden,
vielmehr ihre spezifischen Eigenschaften, welche sie so zweck-