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Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0015
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Metasyphilis des Nervensystems.

(B. 4) 15

Aber er hat dabei noch eine ganze Reihe von interessanten
Ergebnissen mit mehr oder weniger Sicherheit festzustellen ver-
mocht; zunächst die Tatsache, daß es im wesentlichen die sog.
„leichte Lues“, ohne Rezidive, ist, die später zur Metalues führt;
er sagt geradezu: „Die leichte Lues ist die Lues nervosa“
— oder wird doch später dazu, möchte ich sagen —. Sehr prägnant
ist dabei die Erfahrungstatsache, daß diese „leichte Lues“
besonders selten zur Gummibildung führt und daß, wie
auch von anderer Seite schon festgestellt ist, die ausgebildete
tertiäre (gummöse) Lues nahezu gegen Metalues im-
munisiert.
Alles dies drängt förmlich zu der Annahme, daß es eine be-
sondere Form oder Spielart der Spirochäte pall. geben müsse,
welche der Metalues zugrunde hegt. Und noch mehr drängen
zahlreiche Erfahrungen zu der weiteren Annahme, daß es von dem
Virus der Lues nervosa zwei Unterarten geben muß, von wel-
cher die eine prozentualiter häufiger zur Tabes, die andere
aber zur Paralyse führt; aber wohlverstanden, nicht aus-
schließlich, sondern nur.teilweise; es können ja wohl auch die
beiden Spielarten nebeneinander in demselben menschlichen Or-
ganismus Vorkommen und durch Zufall oder besondere Bedin-
gungen zu der einen oder der andern Erkrankung führen, ja
dieselben wohl auch beide nach- und nebeneinander auslösen
(Taboparalyse!).
Einen gewichtigen Beweis für diese Annahme liefert die fest-
stehende Tatsache, daß die konjugale gleichartige Meta-
lues (d. h. Paralyse oder Tabes bei beiden Ehegatten) dreimal
so häufig vorkommt, als die ungleichartige (Tabes und Para-
lyse bei einem Ehepaar).
Daß diese Unter- und Spielarten der Spirochäten und ebenso
diese selbst im Laufe der Jahre in vielen, einander folgenden
Generationen, bei der Passage durch eine Reihe von Organismen
in ihren biologischen und pathogenen Eigenschaften und in deren
Intensität sehr wechseln können, hegt auf der Hand. Einen
schlagenden Beweis für diese Möglichkeit gibt die sehr merkwürdige
Tatsache, die Spielmeyer1) bei seinen Impfversuchen mit Try-
panosoma Brucei fand: unter zahlreichen von ihm gezüchteten
Stämmen mit abgeschwächtem Virus fand er einen besonderen

1) Zitiert bei Oskar Fischer 1. c. S. 139 ff.
 
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