Metasyphilis des Nervensystems.
(B. 4) 21
wesentlichen als sekundäre, reaktive Veränderungen aufzufassen
geneigt ist;
andrerseits aber sind ausgesprochne gliovaskuläre Ver-
änderungen zu konstatieren, und diese spielen bei der Paralyse
die Hauptrolle und sind neuerdings am eingehendsten studiert
worden (von Nissl, Alzheimer u. a.): an der Pia und in der Hirn-
rinde Infiltrationen mit Lymphozyten, mit Plasma- und Mast-
zellen; Veränderungen an den Gefäßen, Wucherungen derselben,
Endothelverdickung, Erweiterung und Infiltration der adventi-
tiellen Lymphscheiden; starke Wucherung der Glia mit großen
Gliazellen und dicken Fasergeflechten. — Außerdem aber auch
Zerfall und Degeneration der Ganglienzellen und der
Markfasern, besonders der Tangentialfasern in der oberen
Rindenschicht.
Alle diese Veränderungen ist man geneigt, als chronisch-
entzünd liehe aufzufassen, freilich von einer spezifischen Eigenart.
So weit wäre ja ein gewisser Gegensatz zwischen Tabes und
Paralyse nicht abzuleugnen: hier ein Vorwiegen der gliovaskulären,
chronisch-entzündlichen Veränderungen, allerdings nicht ohne
erhebliche Nervendegeneration; dort — bei der Tabes — das Vor-
wiegen der chronisch-degenerativen Veränderungen an den Nerven-
bahnen, mit Zurücktreten der gliovaskulären Störungen (oder doch
nur mit sekundären).
Aber abgesehen davon, daß die beiden Krankheiten doch
eine sehr verschiedene Verlaufsweise zeigen — die Paralyse
einen raschen und energischen Ablauf, gewöhnlich in 2—3
Jahren zum Tode führend, die Tabes einen exquisit chroni-
schen, sich meist über Jahrzehnte hin erstreckenden Verlauf
— ist es ja gar nicht zweifelhaft, daß die beiden Formen der Ver-
änderungen nebeneinander, freilich in verschiedenem Mischungs-
verhältnis bei beiden Erkrankungen Vorkommen. Freilich schuldet
uns da die Histopathologie noch vielfach eine bestimmte Antwort
auf zahllose Einzelfragen, wenn auch sehr vieles schon festge-
stellt ist.
Bei der Paralyse sind einfache Faserdegenerationen nicht bloß
im Gehirn, sondern auch im Rückenmark, gerade wie bei der Tabes
(in den Hintersträngen, Pyramidenbahnen und andern Leitungs-
bahnen) etwas ganz Gewöhnliches; und bei der Tabes mehren sich
— ganz abgesehen von den öfter schon gemachten gelegentlichen
Beobachtungen echtsyphilitischer Veränderungen am übrigen
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wesentlichen als sekundäre, reaktive Veränderungen aufzufassen
geneigt ist;
andrerseits aber sind ausgesprochne gliovaskuläre Ver-
änderungen zu konstatieren, und diese spielen bei der Paralyse
die Hauptrolle und sind neuerdings am eingehendsten studiert
worden (von Nissl, Alzheimer u. a.): an der Pia und in der Hirn-
rinde Infiltrationen mit Lymphozyten, mit Plasma- und Mast-
zellen; Veränderungen an den Gefäßen, Wucherungen derselben,
Endothelverdickung, Erweiterung und Infiltration der adventi-
tiellen Lymphscheiden; starke Wucherung der Glia mit großen
Gliazellen und dicken Fasergeflechten. — Außerdem aber auch
Zerfall und Degeneration der Ganglienzellen und der
Markfasern, besonders der Tangentialfasern in der oberen
Rindenschicht.
Alle diese Veränderungen ist man geneigt, als chronisch-
entzünd liehe aufzufassen, freilich von einer spezifischen Eigenart.
So weit wäre ja ein gewisser Gegensatz zwischen Tabes und
Paralyse nicht abzuleugnen: hier ein Vorwiegen der gliovaskulären,
chronisch-entzündlichen Veränderungen, allerdings nicht ohne
erhebliche Nervendegeneration; dort — bei der Tabes — das Vor-
wiegen der chronisch-degenerativen Veränderungen an den Nerven-
bahnen, mit Zurücktreten der gliovaskulären Störungen (oder doch
nur mit sekundären).
Aber abgesehen davon, daß die beiden Krankheiten doch
eine sehr verschiedene Verlaufsweise zeigen — die Paralyse
einen raschen und energischen Ablauf, gewöhnlich in 2—3
Jahren zum Tode führend, die Tabes einen exquisit chroni-
schen, sich meist über Jahrzehnte hin erstreckenden Verlauf
— ist es ja gar nicht zweifelhaft, daß die beiden Formen der Ver-
änderungen nebeneinander, freilich in verschiedenem Mischungs-
verhältnis bei beiden Erkrankungen Vorkommen. Freilich schuldet
uns da die Histopathologie noch vielfach eine bestimmte Antwort
auf zahllose Einzelfragen, wenn auch sehr vieles schon festge-
stellt ist.
Bei der Paralyse sind einfache Faserdegenerationen nicht bloß
im Gehirn, sondern auch im Rückenmark, gerade wie bei der Tabes
(in den Hintersträngen, Pyramidenbahnen und andern Leitungs-
bahnen) etwas ganz Gewöhnliches; und bei der Tabes mehren sich
— ganz abgesehen von den öfter schon gemachten gelegentlichen
Beobachtungen echtsyphilitischer Veränderungen am übrigen