Metadaten

Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0023
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Metasyphilis des Nervensystems.

(B. 4) 23

formen zu sehr vernachlässigt. Die Anzeichen mehren sich, daß
denn doch fließende Übergänge zwischen den tabischen und para-
lytischen Veränderungen, ja sogar auch mit den frühsyphilitischen
und den gummösen Erkrankungsformen sich finden werden,
was auch Marinesco neuerdings (1. c.) betont.
Jedenfalls steht soviel fest, daß die beiden Arten von histo-
logischen Vorgängen bei beiden Erkrankungen Vorkommen, wenn
auch in sehr verschiedenen Mischungsverhältnissen und sehr ver-
schiedener Intensität. — Warum dieselben an der Gehirnrinde
sich anders verhalten als am Rückenmark, bleibt vorläufig
doch noch dunkel und weiterer Forschung Vorbehalten. Auf die
verschiedenen Hypothesen darüber brauche ich hier nicht ein-
zugehen.
Heute aber, da nun endlich die Spirochaeten bei der Paralyse
gefunden sind und sich auch bei der Tabes bald häufiger finden
werden, erhebt sich eine weitere interessante Frage.
9. Sind die Spirochäten für die beiden Arten der
histopathologischen Veränderung — die gliovaskulären und
die rein nervös-degenerativen Vorgänge — verantwortlich zu
machen?
Solange man das syphilitische Virus nicht kannte, war man
genötigt zu allerlei Hypothesen über seine Wirkung auf das
Nervensystem; und als die Pallida gefunden war, aber weder bei
der Tabes noch bei der Paralyse nachgewiesen werden konnte,
blieb man dabei, durch eine elektive Wirkung ihrer Toxine (Syphi-
lotoxine) und Antitoxine, ihrer Antikörper u. dgl. auf das Nerven-
system die taboparalytischen Veränderungen unserm Verständnis
zugänglicher zu machen. Die Ergebnisse der Wa. Re. konnten ja
diesen Hypothesen als gute Stütze dienen.
Da nun aber die Spirochäten gefunden sind, haben diese
Hypothesen an Boden verloren; aber sind sie deshalb schon ganz
überflüssig geworden ? Ich denke, nein.
Zunächst muß man doch jetzt fragen, warum machen die
Spirochäten der Metalues keine gummösen Veränderungen?
Warum vorwiegend eine bestimmte, spezifische Form der (para-
lytischen) gliovaskulären Rindenveränderung? Warum
daneben die einfache degenerative Atrophie der Nerven-
elemente?
Wenn auch diese Fragen wohl durch die biologische Änderung
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften