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Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0026
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26 (B. 4)

W. Erb:

leicht den Angriff der metaluetischen Spirochäten erleichtern und
ihre Wirkung auf bestimmte Neurone lokalisieren.
Dabei ist aber wohl zu beachten, daß alle diese Dinge tausend-
fach Vorkommen, daß nur wenige Menschen denselben entgehen
werden, daß sie aber niemals zur Tabes oder Paralyse führen,
wenn nicht Lues u. zw. speziell die ,,Lues nervosa“ hinzu-
tritt!
Nun ist es doch, wie das schon öfters ausgesprochen wurde,
für den gesunden Menschenverstand durchaus einleuchtend, daß,
wenn beim Entstehen einer Krankheit eine ganze Anzahl von
Schädlichkeiten Zusammenwirken kann und wenn unter diesen
Schädlichkeiten nur eine ganz konstant und geradezu unerläßlich
ist und wenn diese an sich spezifisch und durchaus für diese patho-
gene Wirkung qualifiziert erscheint —, und wenn alle übrigen
aber, von sehr verschiedener Qualität, nur durchaus unregelmäßig
und inkonstant vorhanden sind und niemals für sich allein oder
auch in Verbindung mit andern nicht spezifischen Schädlich-
keiten die Krankheit erzeugen, ich sage, daß dann die eine spezi-
fische Schädlichkeit die wahre Krankheitsursache sein muß.
Sie ist die Conditio sine qua non für das betreffende Leiden, und alle
übrigen Schädlichkeiten dürfen nur als disponierende, als Hilfs-
momente bezeichnet werden.
Und so liegt eben der Fall bei der Tabes und Paralyse mit
der Metalues! Und die oben präzisierte Frage ist dahin zu beant-
worten: daß eben die Anwesenheit bzw. die Qualität des
syphilitischen Virus das entscheidende Moment für
ihre Entstehung ist.
Ich will dabei das Vorhandensein einer gewissen Disposition
oder sogar mehrerer Unterarten derselben garnicht ganz in Abrede
stellen, ich begreife nur nicht, wie manche Autoren auf dieselbe
ein so großes Gewicht, ja sogar das Hauptgewicht für die Ätiologie
der Tabes und Paralyse legen können1). Der bekannte drastische
P Am weitesten geht darin neuerdings Rich. Stern, der in einer grö-
ßeren Arbeit „über die körperl. Kennzeichen der Tabes“ (Leipzig u. Wien,
Denticke 1912) in umfangreichen Darlegungen zu beweisen sucht, daß neben
der luetischen Infektion noch eine bestimmte konstitutionelle Disposition
(bei der Tabes sich äußernd im sog. „asthenischen Habitus“) und als aus-
lösendes Moment eine Störung gewisser endokriner Drüsen unbedingt er-
forderlich seien; er sucht diese zwei anderen Momente als der Syphilis voll-
kommen gleichwertig hinzustellen. Ich muß es mir versagen, auf diese Arbeit
mit ihren ganz erstaunlichen neuen Gesichtspunkten und Schlußfolgerungen
 
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