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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0019
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Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung cler Pflanzen. (B. 5.) 19

stimmte Größe erreichen, die variiert je nach der chemischen
Konstitution des Nährstoffes. Sowie das Sporangium gebildet
worden ist, ist der darunter befindliche Teil des Fadens sehr
nahrungsarm. Langsam strömt die Nahrung nach, während dessen
der Faden langsam wächst, bis zu dem Moment, wo die Kon-
zentration wieder den nötigen Grad erlangt hat, der die Zoosporen-
bildung von innen veranlaßt. So kann der Rhythmus eine Zeit-
lang fortgehen. Je kräftiger die Pilzfäden vorher ernährt waren,
um so schneller folgen die Sporangien aufeinander, das Wachstum
dazwischen kann so kurz sein, daß überhaupt ein nennenswerter
Rhythmus nicht mehr besteht.
Diese Reziehungen von Pilz und Umgebung erklären auch
das Verhalten des Pilzes auf seinem natürlichen Substrat, der
toten Fliege. Das Myzelium durchdringt zunächst den Körper
des Tieres und sendet dann Pilzfäden in das umgebende Wasser
hinein. Auf einmal bilden sich bei völlig unveränderten Außen-
bedingungen die Sporangien anscheinend von selbst. Die Nah-
rungsarmut des Wassers ruft an den gut genährten Pilzfäden die
Sporangienbildung hervor; nach der Entlassung der Zoosporen
ist das Ende der Zelle zu sehr erschöpft, und es muß Nahrung aus
dem Substrat Zuströmen, bis nach einigem Wachstum die Zoo-
sporenbildung von neuem einsetzt. Der Rhythmus geht so lange
fort, bis das Substrat allmählich selbst erschöpft ist, die Sporan-
gienbildung hört allmählich auf, das Gesamtwachstum wird ein-
geschränkt, und die ganze noch vorhandene Nahrungsmenge regt
zur Bildung der Geschlechtsorgane an.
Das Verhalten des Pilzes auf der Fliege war seit langer Zeit
bekannt, es war aber physiologisch unverständlich, bis durch den
Wechsel von Nährlösung und Wasser erkannt wurde, welcher
Faktor die Sporangienbildung veranlaßte. Daraus ergab sich ein
Verständnis für solche Fälle, in denen ein Wechsel von Außen-
faktoren nicht stattfindet. In irgend welchem unerforschten Falle
der Rhythmik wird man zuerst versuchen müssen, sie durch einen
Wechsel genau bekannter Faktoren experimentell hervorzurufen.
Dann öffnen sich auch die Wege für das Verständnis der Rhythmik
in der freien Natur.
Die Bedeutung eines konstanten Faktors der Außenwelt für
die Rhythmik wird noch klarer aus einem zweiten Beispiel hervor-
gehen: der Zoosporenbildung einer Alge wie Vaucheria repens
(1896, 1904). Gut ernährte Fäden lassen sich durch verschiedene

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