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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 6. Abhandlung): Zur Physiologie der Nierensekretion, 2 — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37629#0004
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4 (B. 6)

Otto Cohnheim:

Ich habe nun die Bedeutung der chemischen Bindung für
den Stofftransport dadurch weiter zu erhärten gesucht, daß ich
prüfte, ob auch Stoffe, die zu den normalen oder den häufigen
Harnbestandteilen gehören, an die Niere gebunden werden. Ich
habe zunächst mit Kochsalz und mit Traubenzucker Versuche
gemacht. Sodann wollte ich von der Zirkulation absehen und
habe an der isolierten, aus dem Körper herausgenommenen
Niere gearbeitet. Das Verhalten isolierter Froschnieren in Salz-
lösungen ist bereits von Siebeck untersucht worden.4) Ich
komme nach Mitteilung meiner Befunde auf diese Untersuchung
zurück. Ich habe es vorgezogen, an der Säugetierniere zu
arbeiten, weil für deren Verhalten zu Salzen die eingehende
Untersuchung von Magnus5) vorliegt. Danach besitzt die Niere
heim Hunde und mit gewissen Einschränkungen auch beim
Kaninchen für jeden Harn- bzw. Blutbestandteil eine Sekretions-
schwelle. Bleibt beispielsweise der Gehalt an Chlornatrium
unter dieser Schwelle, so wird von der Niere gar kein Chlor-
natrium oder doch äußerst wenig in den Harn sezerniert. Über-
schreitet der Gehalt an Chlornatrium im Blute diese Schwelle
auch nur ein wenig, so gehen große Mengen von Chlornatrium
in den Harn über. Bis zu einem Gehalt von 0,6% Chlornatrium
im Plasma ist die Konzentration des Chlornatriums im Plasma
viel höher als im Harn; steigt der Gehalt im Plasma über diese
Grenze, so ist die Konzentration im Harn plötzlich höher, bis-
weilen bedeutend höher als im Plasma. Dies ist recht eigentlich
der Punkt, an dem alle Hypothesen scheitern müssen, die die
Nierentätigkeit mit physikalischen Vorgängen in Beziehung
setzen wollen, Membrandurchlässigkeit, Filtration usw. Das Ver-
halten der Niere zu dem Kochsalz wird eher verständlich, wenn
die Nierenzellen von der Sekretionsgrenze an das Kochsalz
speichern, d. h. aus der Lösung entfernen, um es dann, un-
abhängig von seiner Konzentration vollständig in den Harn zu
sezernieren. Zwischen der Lösung des Blutes und der Lösung
des Harnes bestehen dann gar keine direkten Beziehungen, das
Kochsalz ist vielmehr auf dem Wege durch die Nierenzelle gar
nicht mehr in Lösung. Ich habe nachgesehen, ob sich an
4) R. Siebeck, Pflügers Arch. 148 (1912).
5) R. Magnus, Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 44, 396 (1900). Spätere Zu-
sammenfassung in Oppenheimer’s Handb. d. Biochem. Bd. III 1. Hälfte, S. 477.
Im Besonderen S. 498 (1909).
 
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