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Leber, Theodor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1914, 3. Abhandlung): Über die Beteiligung der Chemotaxis bei pathologischen Vorgängen: Vortrag ... — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.34092#0016
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16 (B. 3)

Th. Leber:

Merkmal der sog. Retinitis pigmentosa oder Pigment-
degeneration der Netzhaut darstellt.
Man findet bei dieser Krankheit eine meist ringförmige
Zone der Netzhaut von zierlichen, fein verästelten schwarzen
Pigment fl ecken eingenommen, welche von außen her alle
Schichten der Netzhaut durchsetzen und vorzugsweise an den
feineren Verzweigungen der Blutgefäße angelagert sind. Gleich-
zeitig kommt es, beginnend an der Schicht der Stäbchen und Zap-
fen, zu einem Schwund der spezifischen Elemente der
Netzhaut mit Wucherung des Stützgewebes, wodurch die
eigenartige Funktionsstörung, welche dabei vorkommt, näm-
lich konzentrische Einengung des Gesichtsfeldes und
Nachtblindheit, verursacht wird. Die Entstehung der
schwarzen Flecke aus Zellen des in Wucherung gera-
tenen Pigmentepithels, welche sich aus ihrem Verbände
loslösen und vermöge amöboider Bewegungen in die Netz-
haut eindringen, ist an Präparaten derartig erkrankter Netz-
häute mit Sicherheit festzustellen und überdies durch experi-
mentelle Untersuchungen in anderen Fällen erwiesen.
Durch welche Einflüsse bei der typischen Pigmentdegeneration
die Einwanderung der Pigmentzellen'veranlaßt wird, ist noch un-
bekannt. Man weiß zwar durch WAGENMANNS Untersuchungen,
daß eine Einwanderung dieser Zellen in die Netzhaut durch ge-
wisse Verletzungen hervorgerufen wird, bei welchen die Blut-
gefäße der Aderhaut durchtrennt werden, denen die Ernährung
des Pigmentepithels und der äußeren Netzhautschichten obliegt.
Es wäre möglich, daß in diesem Falle die Einwanderung der
Pigmentzellen durch den Sauerstoffmangel hervorgerufen
würde, indem die Zellen die andere Sauerstoffquelle zu erreichen
suchten, welche in den weiter nach innen gelegenen eigenen Blut-
gefäßen der Netzhaut gegeben ist, ähnlich wie gewisse Bakterien
nach einer in der Nähe befindlichen Sauerstoffquelle hinstreben.
Indessen ist dies bis jetzt nur eine Hypothese, die auch zur Erklä-
rung der spontanen Pigmententartung nicht zu verwerten ist, weil
sich bei dieser, im Gegensatz zu früheren Angaben, eine Störung
der Aderhautzirkulation nicht oder jedenfalls nicht regelmäßig
herausgestellt hat.
Überhaupt sind die Ursachen dieser merkwürdigen Krank-
heit noch sehr in Dunkel gehüllt. Man weiß nur sicher, daß
die unbekannte Krankheitsursache in etwa der Hälfte
 
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