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Lauterborn, Robert; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1916, 6. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms: I. Teil — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34601#0022
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ROBERT LAUTERBORN:

22 (B. 6)
den Walensee mündet; wahrscheinlich ist, wie einst ein Zweig
des Rheingletschcrs, hier auch einmal ein Arm des Rheins dem
Walen- und Zürichersee zugeflossen.
Die Talfläche des Rheins ist reich gegliedert. Von Reichenau
bis Chur ist sie von kuppenförmigen Hügeln durchsetzt, hier
Torna genannt, von denen einzelne bis 70 m Höhe erreichen —
ungeheure Felstrümmer eines präglazialen Bergsturzes, der vom
Calanda kam. Auf der rechten Rheinscite quellen aus den steilen
Whldbachsch luchten und Tobeln der Berge große Schuttkegel
hervor, die sich fächerförmig ausbreitend den Fluß vielfach bis
hart an die Abstürze der linken Talflanke gedrängt haben. Diese
Haldenlandschaft reicht bis jenseits der Landquart, wo auch jetzt
noch die wilden Rüfen ihre Schutt- und Blockströme bis zum Rhein
herabsenden. Weiter abwärts erheben sich inmitten der Ebene
der Hügelzug des Schellenbergs sowie hart am Rhein der Ivummen-
berg und Montlinger Berg als typische Inselberge. Von hier bis
zum Bodensee trägt die breite Talfläche den Charakter der reinen
Schwemmlandebene.
Geologisch ist das Tal des Schweizer-Vorarlberger Rheins
ein übertieftes Glazialtal, das nach dem Rückzug des Rheinglet-
schers der Rhein und seine Zuflüsse deltaartig vorrückend all-
mählich mit mächtigen Schottermassen auffüllten, deren Tiefe
bis jetzt noch keine Bohrung durchdrungen hat. Die stärkste
Verfrachtung von Geschieben erfolgte naturgemäß bei Hoch-
wasser; bei Niederwasser erlahmte die Schleppkraft, die Ge-
schiebe blieben als Schotterbänke und Inseln liegen, zwischen
denen der Strom in wechselnden Verzweigungen seinen Weg
suchte. So erhöhten sich die LTer immer mehr, bis schließlich der
Rhein als Dammfluß auf eigenen Geschieben höher als seine
Umgebung dahinfloß. Das führte bei Hochwasser zu seitlichen
Durchbrüchen und mannigfachen Änderungen des Laufes, in denen
sich das Spiel von neuem wiederholte. Dieses Bild eines völlig
verwilderten, in breitem Geschiebebett in zahlreichen Rinnsalen
dahinströmenden Flusses bot der Rhein im wesentlichen noch bis
gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die stetig zunehmende
Überschwemmungsgefahr führte nach manch mißlungenen Ver-
suchen zu einer durchgreifenden Korrektion, welche 1900 dem
Flusse bei Fussach auch eine neue Mündung in den Bodensee
eröffnete; gleichzeitig wurden auch eine Anzahl Nebenbäche und
Gießen in Kanäle gesammelt und dem Rheine zugeführt.
 
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