Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1917, 5. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms: Zweiter Teil — Heidelberg, 1917

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34628#0034
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
34 (B.5)

ROBERT LAUTERBORK:

Die Kolke.
Die Altwasser sind wohl die größten aber keineswegs die tiefsten
stehenden Gewässer der Rheinebene. Das sind vielmehr die Kolke,
teichartige Becken von meist rundlichem Umriß, welche das
ganze Überschwemmungsgebiet des Stroms begleiten. Ihren Ur-
sprung verdanken sie alle Hochwassern des Rheins, wenn dieser
nach Dammbrüchen seine Fluten durch die enge Lücke in das
niederer liegende Gelände stürzte und dabei tiefe Kessel ausstrudelte.
Die größten Tiefen zeigen die jüngsten Kolke. Hierher gehört zu-
nächst das etwa 200 m im Durchmesser haltende nördliche Becken
des Altwassers von Neuenburg (zwischen Basel und Breisach),
das seit dem Hochwasser von 1876 eine Tiefe von 17—18 m (je
nach dem Pegelstand des Rheins) aufweist und damit das tiefste
mir bekannte Gewässer am ganzen Oberrhein darstellt. Fast
gleichtief ist das etwa 1500 qm große ,,Neujahrsloch" nahe dem
Altrhein von Stockstadt-Erfelden (Hessen), das bei der Hochflut
des Jahres 1883 nach einem Dammbruch am 1. Januar entstand.
Es soll anfangs angeblich 35 m tief gewesen sein, jetzt beträgt
seine Tiefe nach den Lotungen von LiST 16 m. Weitere Kolke
messen 10—12 m, die älteren sind selten mehr tiefer als 4—6 m.
Was diesen tiefen Kolken ein besonderes Interesse verleiht,
sind ihre Temperaturverhältnisse. Während die Altwasser
fast nur bei raschen Witterungsumschlägen oder an heißen Sommer-
tagen etwas stärkere Wärmeunterschiede nach der Tiefe hin er-
kennen lassen, zeigen die tiefen Kolke trotz ihrer Kleinheit während
der wärmeren Jahreshälfte eine sehr ausgeprägte Tempera-
turschichtung mit scharf abgesetzter Sprungschicht, wie
sie sonst nur von Seen bekannt ist. Die beiden Reihen von Tiefen-
temperaturen des Altwasserkolkes von Neuenburg (s. S. 35)
lassen dieses Verhalten besonders klar hervortreten; weitere Aus-
führungen behalte ich mir für die größere Arbeit vor.
Die Tier- und Pflanzenwelt dieser tiefen jüngeren Kolke zeigt
kaum besondere Eigentümlichkeiten. Die höhere Vegetation ist
nur gering entwickelt, das Plankton trägt den Charakter des
Teichplanktons, mit Massen von das hier
teilweise überwintert, zahlreiche Rotatorien usw. Eigentliche
Tiefenformen habe ich bis jetzt weder im Plankton noch am
Grunde nachweisen können, was bei der Jugendlichkeit dieser
Gewässer durchaus begreiflich ist. Anders die älteren Kolke.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften