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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1917, 5. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms: Zweiter Teil — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.34628#0067
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Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms. II. (B.5) 67

Elemente, die von der Rhone her durch den uralten Wanderweg
der Burgundischen Pforte nach dem Oberrhein vordrangen und
sich hier entlang der jetzt meist mit Reben bepflanzten Vorhügel
weit nach Norden ausbreiteten. Da diese Standorte die ganze
kühlere und feuchtere Waldperiode hindurch behauptet wurden,
dürfen wir deren xerothermen mediterranen und politischen
Elemente wohl als Relikte der Steppenzeit ansprechen, ohne aber
zu vergessen, daß auch die Kultur die Verbreitungsmöglichkeiten
mancher dieser Trockenheit und Wärme liebenden Formen später
beträchtlich gefördert hat und immer noch fördert.
Auf die trockene Steppenperiode folgte wieder ein feuchteres
Klima. Der Wald, vor allem der Laubwald, gewann immer mehr
an Boden und engte den Bereich der zusammenhängenden Steppen-
vegetation auf die wasserärmsten Lößstrecken, Flugsanddünen
und Kiesflächen ein. Waldtiere wie Wisent, Ur, Elch, Edelhirsch,
RelP, Bär, Luchs, Wolf, Wildschwein, Eichhorn, an den Gewässern
auch der Biber, bilden die Charakterformen der höheren Tierwelt.
Als vorherrschendes Waldland, meist feucht und von Sümpfen
durchzogen, fast nur auf den Vorhügeln und offenen Lößflächen
etwas dichter besiedelt und angebaut, fanden die Römer unser
Gebiet, als Gäsars Legionen 58 v. Chr. vom Sundgau her zum
erstenmale die blinkenden Stromadern des Oberrheins erschauten.
Mit ihnen beginnt die Herrschaft der Kultur, die, nur durch
die Stürme der Völkerwanderung zeitweilig unterbrochen, von
nun an der Landschaft sowie deren Pflanzen- und Tierwelt immer
stärker ihr Gepräge gibt; zahlreiche Wälder werden gerodet oder
doch stark durchlichtet, Sümpfe durch künstliche Gräben ent-
wässert und in Wiesen umgewandelt; auf fruchtbarem Boden
gewinnen Getreidefelder und Obstbaumpflanzungen mit ver-
edelten Früchten des Südens immer größere Ausbreitung, von
den sonnigen Hängen nimmt die Rebe Besitz. Nur bestimmte
Gebiete trotzen auch in der volkreichen Ebene noch lange Jahr-
hunderte. hindurch allen Eingriffen des Menschen. So besonders
der Strombereich des ungebändigten Rheins mit seinen Kies-
gründen, Altwassern, Sümpfen und Auwäldern, die Flugsand-
i Darunter auch Capreo^as ppgargas, der sich bis gegen Ende des
18. Jahrhunderts auch bei uns erhalten hat. So hängt im Schlosse zu Zwingen-
berg am Neckar ein mächtiges Rehgeweih, das 1785 bei Bruchsal erbeutet
wurde und das sich kaum von demjenigen des Sibirischen Rehbocks unter-
scheidet.
 
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