Die vermutliche Lösung der Halteren frage.
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die Frequenz des Flügels häufig ein wenig sinkt. Da wir von
Sarcophaga und einigen anderen Fliegen wissen, daß auch die
Amplitude des Flügelschlages beim halterenlosen Tiere bedeutend
herabgesetzt ist, so ergibt sich in toto, daß die Energieleistung des
Fluges, die dem Produkte von Amplitude und Frequenz gleich-
zusetzen ist, durch die Entfernung der Halteren eine bedeutende
Herabsetzung erfährt. Dies stimmt genau mit der oben ent-
wickelten Theorie der Halterenwirkung überein.
Die synchrone Bewegung von Haltere und Flügel, von welcher
soeben die Rede war, legt den Gedanken sehr nahe, daß es sich
bei der Einwirkung der Haltere auf den Flügel um eine ganz ein-
fache reflektorische Verknüpfung handeln könnte. Die Vorstellung
ist möglich, daß eine jede Bewegung der Haltere den unmittel-
baren Reiz abgäbe für die anschließende Bewegung des Flügels.
Also: wenn die Haltere sich dorsalwärts bewegt, werden diejenigen
der basalen Sinneszellen gereizt, welche einen Reflexbogen mit
den Flügelsenkern bilden, bewegt sie sich ventral, so werden die
Flügelheber erregt. Derartige Bewegungsmechanismen sind im
Tierreiche weit verbreitet, so daß diese Vorstellung nichts Un-
gewöhnliches in sich schlösse.
Durch Anwendung eines einfachen Kunstgriffs läßt sich nun
aber mit Hilfe des Kymographen streng beweisen, daß diese Auf-
fassung falsch ist. Die Wirkung der Haltere ist überhaupt nicht
als eine reflektorische aufzufassen. Um dies zu beweisen, stutzen
wir die Flügel des Dipters und überzeugen uns erstens davon,
daß die Flügelstummel um so frequenter schlagen, je kürzer sie
sind, je geringer also die Belastung der Flügelmuskeln durch den
Widerstand der Luft ist. Ein Versuch mit einer Tipula ergab z. B.
die folgenden Vergleichsdaten:
Länge des Flügels in mm 22 io 5
(normal)
Frequenz in gleichen Zeiten 9 12 20
Die Haltere dagegen behält in allen diesen Fällen ihre Ursprungs-
frequenz bei, die mit der des normalen Flügels übereinstimmt.
Der Synchronismus von Flügel und Haltere wird also durch Stutzen
der ersteren völlig zerstört.
Trotzdem ist nun aber, wenn man den Flügel nicht zu sehr
stutzt, sondern ihm eine gewisse Tragfläche läßt, die Fliege durch-
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die Frequenz des Flügels häufig ein wenig sinkt. Da wir von
Sarcophaga und einigen anderen Fliegen wissen, daß auch die
Amplitude des Flügelschlages beim halterenlosen Tiere bedeutend
herabgesetzt ist, so ergibt sich in toto, daß die Energieleistung des
Fluges, die dem Produkte von Amplitude und Frequenz gleich-
zusetzen ist, durch die Entfernung der Halteren eine bedeutende
Herabsetzung erfährt. Dies stimmt genau mit der oben ent-
wickelten Theorie der Halterenwirkung überein.
Die synchrone Bewegung von Haltere und Flügel, von welcher
soeben die Rede war, legt den Gedanken sehr nahe, daß es sich
bei der Einwirkung der Haltere auf den Flügel um eine ganz ein-
fache reflektorische Verknüpfung handeln könnte. Die Vorstellung
ist möglich, daß eine jede Bewegung der Haltere den unmittel-
baren Reiz abgäbe für die anschließende Bewegung des Flügels.
Also: wenn die Haltere sich dorsalwärts bewegt, werden diejenigen
der basalen Sinneszellen gereizt, welche einen Reflexbogen mit
den Flügelsenkern bilden, bewegt sie sich ventral, so werden die
Flügelheber erregt. Derartige Bewegungsmechanismen sind im
Tierreiche weit verbreitet, so daß diese Vorstellung nichts Un-
gewöhnliches in sich schlösse.
Durch Anwendung eines einfachen Kunstgriffs läßt sich nun
aber mit Hilfe des Kymographen streng beweisen, daß diese Auf-
fassung falsch ist. Die Wirkung der Haltere ist überhaupt nicht
als eine reflektorische aufzufassen. Um dies zu beweisen, stutzen
wir die Flügel des Dipters und überzeugen uns erstens davon,
daß die Flügelstummel um so frequenter schlagen, je kürzer sie
sind, je geringer also die Belastung der Flügelmuskeln durch den
Widerstand der Luft ist. Ein Versuch mit einer Tipula ergab z. B.
die folgenden Vergleichsdaten:
Länge des Flügels in mm 22 io 5
(normal)
Frequenz in gleichen Zeiten 9 12 20
Die Haltere dagegen behält in allen diesen Fällen ihre Ursprungs-
frequenz bei, die mit der des normalen Flügels übereinstimmt.
Der Synchronismus von Flügel und Haltere wird also durch Stutzen
der ersteren völlig zerstört.
Trotzdem ist nun aber, wenn man den Flügel nicht zu sehr
stutzt, sondern ihm eine gewisse Tragfläche läßt, die Fliege durch-