Metadaten

Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 18. Abhandlung): Über das Verhalten der Farnprothallien gegenüber Anilinfarben — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36570#0008
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8 (B. 18)

GEORG KLEBS:

Es besteht also ein scharfer Unterschied in der Beschaffenheit
von Rhiz.- und Proth.-Zellwänden. Beides sind sehr feste dünne
Häute, die sich mit Chlorzinkjod schmutzig violett, mit Jod und
Schwefelsäure bläulich färben. Beiden Zellhäuten ist ein chemi-
scher Unterschied gegenüber typischen Zellulosewänden gemein-
sam. Denjr sie lösen sich nicht in frisch bereitetem Kupferoxyd-
ammoniak, in dem Baumwolle sofort sich auflöste. In einem Trop-
fen konzentrierter Schwefelsäure verquellen die beiden Zellhaut-
formen nicht merklich; erwärmt man, so verquellen sie auch nicht
sondern schrumpfen zusammen und bräunen sich. Auch selbst
nach mehrtägigem Aufenthalt der Prothallien in einem Schälchen
mit konzentrierter Schwefelsäure bleiben die Zellhäute erhalten.
Diese, für so dünne Wände auffallende chemische Resistenz kann
wohl als eine für das Luftleben geeignete Eigenschaft bezeichnet
werden; sie ist aber auch bei den untergetaucht entstandenen
Prothallien vorhanden. Es bleibt ungewiß, welche besonderen
Stoffe neben Zellulose eingelagert sind. Worauf beruht aber der
Unterschied der beiden Zellhautformen gegenüber Congorot ? Es
zeigte sich, daß der Unterschied verschwindet, wenn die Prothalium-
zellen absterben. Nur die Zellhaut lebender Zellen färbt
sich nicht mit Congorot ; diejenige toter Zellen nimmt
den Farbstoff begierig auf.
Ich glaubte anfänglich, daß hier ein erstes gutes Beispiel für
einen wirklichen Unterschied einer lebenden von einer toten Zell-
wand vorläge. Alle die zahllosen Untersuchungen über die Pflanzen-
zellen stimmen darin überein, daß die Zellwand toter Zellen wesent-
lich die gleichen physikalischen und chemischen Eigenschaften
besitzt wie eine solche lebender Zellen, nur daß nach unseren
heutigen Kenntnissen das Wachstum der Zellhaut an den lebenden
Zustand der Zellen gebunden zu sein scheint. Um dieses Wachstum
zu erklären, hat WiESNER (1886, 1892) die Annahme vertreten,
daß die Zellwand lebendes Plasma enthalte; er und seine Schüler,
z. B. KRASSER (1886) bemühten sich in der Zellwand Eiweiß nach-
zuweisen. Dieser Nachweis ist aber nicht geglückt (vgl. KLEBS
1886a, 1887 und besonders die eingehende Kritik von CoRRENS
1894). Immerhin konnte man an die Möglichkeit denken, daß
lebende Protoplasmafortsätze die Poren der Zellwand der Proth.-
Zellen verstopften und dadurch dem Congorot keinen Eintritt
gestatteten. Die weiteren Untersuchungen ließen diese Annahme
als höchst unwahrscheinlich erscheinen. Es fragt sich zunächst,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften