Das fränkische Gesicht. I.
(B. 2) 15
Durcharbeitung der Mund-, Kinn- und Wangenpartie zur Folge
haben. Die Züge bleiben „regelmäßig“, die Gestaltung der unteren
Gesichtshälfte entspricht der Ruhestellung derselben, in der die
Mundwinkel und die Unterkieferwinkel äußerst lateral gelagert
sind. Für die Mundwinkel wird diese Lateralität u.U. überboten
durch die Lächel- oder reine Lachstellung, während Lachsprechen
sie medialer treibt. Das laterale Vortreiben der Unterkieferwinkel
(wie der Mundwinkel) wird noch betont bei festgeschlossenen, ge-
preßten Lippen und desto weniger vom Reden gestört, je unbe-
wegter die Sprechweise, und je weniger labial, je mehr guttural sie
sich vollzieht. Dahingegen flachen sich bei sehr lebhaftem, stark
mundbewegendem Sprechen (und Lachsprechen) die Unterkiefer-
winkel sofort ab (für den Augenschein), die Wangen werden flacher,
ja hohl, die Jochbögen springen sichtbarer aus, der Kinnbogen ent-
flacht sich, wird spitzbogiger; alles dies um so mehr, je labialer die
Sprachlautung erfolgt und je rascher das Sprechtempo wird: Be-
schleunigung des Sprechtempos rückt die Lautung ganz automa-
tisch lippenwärts („Hervorsprudeln“ der Sätze). Lebhaftes Mienen-
spiel und lebhafte Sprech- und Lachsprechweise erzeugen auch allent-
halben Unregelmäßigkeiten im mimischen Gebiet; Regelmäßigkeit
und Unbewegtheit der Züge gehen miteinander („Photographier-
gesichter“), mit wachsender Mienen- und Sprechbewegtheit wächst
auch die Asymmetrie der Züge, in den lebhaftesten Graden bis zu
einem krausen mimischen Chaos. Es ist selbstverständlich, daß
diese Wirkungen, in jedem Augenblick an jedem Gesicht beob-
achtbar, sich in den Zügen fixieren11, wenn sie von frühester Kind-
heit an beständig ausgeübt werden; sie summieren sich dann jahr-
aus jahrein bis zu extremen Ausprägungen, während sie am fertigen
Gesicht des Erwachsenen in der Augenblickslage oft nur angedeutet
erkennbar sind.
24. Es führt hiernach die Untersuchung der physiognomischen
Effekte mimischer und sprachlicher Lebhaftigkeit einerseits, mimi-
scher und sprachlicher Gebundenheit andererseits gleichsam von
selber zu den Hauptstigmen des fränkischen, bezw. des schwäbi-
schen Gesichts: der kinnwärtigenVerjüngung mit konkavenWangen,
Jochprominenz und Jochschatten, wenig hervortretenden Unter-
kieferwinkeln, unregelmäßigen Zügen einerseits — dem flachen
Kinn, den stark ausladenden Unterkieferwinkeln, den plan oder
konvex gespannten Wangen ohne Jochprominenz und Jochschatten,
den regelmäßigen Zügen andererseits. Jjautphysiologische und
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Durcharbeitung der Mund-, Kinn- und Wangenpartie zur Folge
haben. Die Züge bleiben „regelmäßig“, die Gestaltung der unteren
Gesichtshälfte entspricht der Ruhestellung derselben, in der die
Mundwinkel und die Unterkieferwinkel äußerst lateral gelagert
sind. Für die Mundwinkel wird diese Lateralität u.U. überboten
durch die Lächel- oder reine Lachstellung, während Lachsprechen
sie medialer treibt. Das laterale Vortreiben der Unterkieferwinkel
(wie der Mundwinkel) wird noch betont bei festgeschlossenen, ge-
preßten Lippen und desto weniger vom Reden gestört, je unbe-
wegter die Sprechweise, und je weniger labial, je mehr guttural sie
sich vollzieht. Dahingegen flachen sich bei sehr lebhaftem, stark
mundbewegendem Sprechen (und Lachsprechen) die Unterkiefer-
winkel sofort ab (für den Augenschein), die Wangen werden flacher,
ja hohl, die Jochbögen springen sichtbarer aus, der Kinnbogen ent-
flacht sich, wird spitzbogiger; alles dies um so mehr, je labialer die
Sprachlautung erfolgt und je rascher das Sprechtempo wird: Be-
schleunigung des Sprechtempos rückt die Lautung ganz automa-
tisch lippenwärts („Hervorsprudeln“ der Sätze). Lebhaftes Mienen-
spiel und lebhafte Sprech- und Lachsprechweise erzeugen auch allent-
halben Unregelmäßigkeiten im mimischen Gebiet; Regelmäßigkeit
und Unbewegtheit der Züge gehen miteinander („Photographier-
gesichter“), mit wachsender Mienen- und Sprechbewegtheit wächst
auch die Asymmetrie der Züge, in den lebhaftesten Graden bis zu
einem krausen mimischen Chaos. Es ist selbstverständlich, daß
diese Wirkungen, in jedem Augenblick an jedem Gesicht beob-
achtbar, sich in den Zügen fixieren11, wenn sie von frühester Kind-
heit an beständig ausgeübt werden; sie summieren sich dann jahr-
aus jahrein bis zu extremen Ausprägungen, während sie am fertigen
Gesicht des Erwachsenen in der Augenblickslage oft nur angedeutet
erkennbar sind.
24. Es führt hiernach die Untersuchung der physiognomischen
Effekte mimischer und sprachlicher Lebhaftigkeit einerseits, mimi-
scher und sprachlicher Gebundenheit andererseits gleichsam von
selber zu den Hauptstigmen des fränkischen, bezw. des schwäbi-
schen Gesichts: der kinnwärtigenVerjüngung mit konkavenWangen,
Jochprominenz und Jochschatten, wenig hervortretenden Unter-
kieferwinkeln, unregelmäßigen Zügen einerseits — dem flachen
Kinn, den stark ausladenden Unterkieferwinkeln, den plan oder
konvex gespannten Wangen ohne Jochprominenz und Jochschatten,
den regelmäßigen Zügen andererseits. Jjautphysiologische und