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Boll, Franz; Antiochus <Atheniensis>; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 16. Abhandlung): Griechische Kalender: 1. Das Kalendarium des Antiochos — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32162#0044
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Franz Boll: Griechische Kalender. I.

das Datum des 25. Dezember kommt. Die Wintersonnenwende
war zur Zeit, wo der Kalender geschrieben wurde, längst viel
früher, und sie ist daher auch in ihm am 22. Dezember wie bei
Ptolemaios eingetragen. Es muh also in dem Datum des 25. Dezem-
ber wieder ein älterer Kalendereintrag übernommen sein. Zur
Zeit des Kanopischen Kalenders ist clie Winterwende gerade auf
diesen Tag gefallen. Allein es ist wohl kein Anlah, gerade an
diesen kurzlebigen Kalender zu denken. Einfacher ist die Annahme,
dah der Verfasser ocler sein Gewährsmann seinen „Geburtstag der
Sonne“, von aem er im Einklang mit ägyptischen Anschauungen
hier sprach, auf den 25. Dezember verlegte, weil Gaesar auf ctiesen
Tag die Bruma angesetzt hatte. 41)

Aus dem gleichen Grunde hat wohl auch Aurelian den Stif-
tungstag des Tempels des Sol Invictus auf dem Gampus Agrippae
und danach den Natalis Invicti auf den 25. Dezember verlegt, der
dann zum Datum unseres Weihnachtsfestes wurde. 42) Aber lehrreich
ist es, daß uns schon in dem einige Generationen früheren Antiochos-
Kalender, zum gleichen Datum, der Eintrag „Geburtstag der Sonne“
begegnet und dah somit, wie unser griechisch-ägyptischer Kalender
zeigt, die Bezeichnung eines Tages als Geburtstag der Sonne zum
erstenmal aus Ägypten, dem klassischen Lande der Göttergeburts-
tage 43), in den helienisch-römischen Kulturkreis tritt.

41) Vgl. Plin. N. H. XVIII 531; Colum. I 9, 13; Servius Aen. VII 730 (Proprie
sol novus est VIII. Kal. Jan.). Idf.ler, Handb. der Chronol. I 133 bemerkt, daß
Caesars Gewährsmann Sosigenes „bei der Bestimmung der Bruma nicht von
eigenen Beobachtungen ausgegangen, sondern früheren, vielleicht denen des .Hip-
parch gefolgt zu sein scheine“. Es ist also die Mögliehkeit, daß auch Antiochos’
Gewährsmann einer solchen älteren Quelle folgte, nicht ganz auszuschließen; doch
ziehe ich die im Text gegebene Erklärung vor.

42) Duchesnes Ableitung des Datums 35. Dez. aus der Datierung der Inkar-
nation und Passion kann, wie Gumont mit Recht bemerkt hat (a. a. 0. I 343, 4)
und Duchesne selbst (vgl. S. 365) jetzt anzuerkennen scheint, sich sehr wohl mit
dem Gedanken an den Sol novus vertragen. Wer bei Antiochos jenes auHei qpdj<;
neben dem ’HAaou Y ev^hX.tov liest, wird die Tatsache, daß „die Stelle bei Joh. 3,
30 «Er muß wachsen (auSaveiv), ich muß abnehmen» seit Ambrosius und Augustin
das ganze Mittelalter hindurch auf das Zusammenfallen der Sommerwende mit
dem Geburtstag des Täufers und der Winterwende mit dem Christi bezogen
wurde“ (Bilfinger a. a. 0. II 18), nun doppelt verstehen.

43) Vgl. zuletzt AV. Schmidt, Geburtstag im Altertum (Religionsgesch. Versuche
und Vorarbeiten VII I), S. 87, 1.

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C. F. Wintersclie Buchdruckerei.
 
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