Babylonische Aslronomie, Himmelsschau und. Astrallehre.
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Diese »Ephemeriden« wurden, wie schon eben bemerkt, bis
zur Zeit Christi fortgeführt. Daneben ist aber in derselben Periode
ein wesentlicher Fortschritt der astronomischen Wissenschaft
zu konstatieren in der Verfolgung der geozentrischen Bewegung
der Planeten durch die Einführung neuer, wiederholt verbesserter
Rechnungsmethoden, die es ermöglichten, auf eine ganze An-
zahl von Jahren hinaus das Datum und die Länge der ein-
zelnen Planeten zur Zeit ihrer Haupterscheinungen zu bestimmen.
Darüber geben Rechnungstafeln für Jupiter, Saturn, Merkur
und Venus — Marstafeln fehlen bis jetzt wohl nur zufällig —
nähere Aufschlüsse. Begreiflicherweise am frühesten erkannt
wurde die 8 jährige Periode der Venus, deren Berechnung nebst
Bestimmung' des heliakischen Auf- und Untergangs am Abend
und Morgen, sowie Datum und Position der beiden Kehrpunkte
aus vier Keilschrifttafeln ersichtlich ist 18). Staunen erregt so-
dann der in zwei Fragmenten vorliegende Rechenmechanismus
zur Bestimmung der heliakischen Auf- und Untergänge des
Merkur, wodurch sich u. a. den babylonischen Astronomen die
Dauer seines synodischen Umlaufs als 115 Tage, 21 Stunden,
3 Minuten und 50,9 Sekunden ergab — ein Wert, der die Be-
stimmung Le Verrier’s nur um 16,3 Sekunden überschreitet,
während Hipparch bzw. Ptolemäus um 58,5 Sekunden zu hoch
gegriffen haben 19). Auch von Saturntafeln sind jetzt zwrni
Bruchstücke bekannt geworden, deren Inhalt mit Sicherheit auf
die Opposition und den Stillstand des Planeten bezogen wer-
den konnte 20).
Weitaus am verschiedenartigsten und häufigsten aber wurde,
soweit aus der gegenwärtig zugänglichen spätbabylonischen
Keilschriftliteratur geschlossen werden darf, Jupiter beobachtet
und sein Lauf berechnet. Ivugler 21) gelangte während der
Nachprüfung dieser Rechnungen zur Unterscheidung dreier
Gattungen von Jupitertafeln, »an denen man die stufenmässigen
Fortschritte der astronomischen Erkenntnis aufs klarste verfoigen
kann«. Zwar in den Mitteilungen der Resultate — heliakische
Auf- und Untergänge, Kehrpunkte und Opposition — sind diese
drei Klassen einheitlich angelegt; aber das Bildungsgesetz der
Jupiterlängen, die Berechnung der synodischen Bahn des Pla-
neten innerhalb gewisser Grenzpunkte erscheint von Stufe zu
Stufe verfeinert und führte schliesslich —■ frühestens um die
Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts — zu einer Ge-
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Diese »Ephemeriden« wurden, wie schon eben bemerkt, bis
zur Zeit Christi fortgeführt. Daneben ist aber in derselben Periode
ein wesentlicher Fortschritt der astronomischen Wissenschaft
zu konstatieren in der Verfolgung der geozentrischen Bewegung
der Planeten durch die Einführung neuer, wiederholt verbesserter
Rechnungsmethoden, die es ermöglichten, auf eine ganze An-
zahl von Jahren hinaus das Datum und die Länge der ein-
zelnen Planeten zur Zeit ihrer Haupterscheinungen zu bestimmen.
Darüber geben Rechnungstafeln für Jupiter, Saturn, Merkur
und Venus — Marstafeln fehlen bis jetzt wohl nur zufällig —
nähere Aufschlüsse. Begreiflicherweise am frühesten erkannt
wurde die 8 jährige Periode der Venus, deren Berechnung nebst
Bestimmung' des heliakischen Auf- und Untergangs am Abend
und Morgen, sowie Datum und Position der beiden Kehrpunkte
aus vier Keilschrifttafeln ersichtlich ist 18). Staunen erregt so-
dann der in zwei Fragmenten vorliegende Rechenmechanismus
zur Bestimmung der heliakischen Auf- und Untergänge des
Merkur, wodurch sich u. a. den babylonischen Astronomen die
Dauer seines synodischen Umlaufs als 115 Tage, 21 Stunden,
3 Minuten und 50,9 Sekunden ergab — ein Wert, der die Be-
stimmung Le Verrier’s nur um 16,3 Sekunden überschreitet,
während Hipparch bzw. Ptolemäus um 58,5 Sekunden zu hoch
gegriffen haben 19). Auch von Saturntafeln sind jetzt zwrni
Bruchstücke bekannt geworden, deren Inhalt mit Sicherheit auf
die Opposition und den Stillstand des Planeten bezogen wer-
den konnte 20).
Weitaus am verschiedenartigsten und häufigsten aber wurde,
soweit aus der gegenwärtig zugänglichen spätbabylonischen
Keilschriftliteratur geschlossen werden darf, Jupiter beobachtet
und sein Lauf berechnet. Ivugler 21) gelangte während der
Nachprüfung dieser Rechnungen zur Unterscheidung dreier
Gattungen von Jupitertafeln, »an denen man die stufenmässigen
Fortschritte der astronomischen Erkenntnis aufs klarste verfoigen
kann«. Zwar in den Mitteilungen der Resultate — heliakische
Auf- und Untergänge, Kehrpunkte und Opposition — sind diese
drei Klassen einheitlich angelegt; aber das Bildungsgesetz der
Jupiterlängen, die Berechnung der synodischen Bahn des Pla-
neten innerhalb gewisser Grenzpunkte erscheint von Stufe zu
Stufe verfeinert und führte schliesslich —■ frühestens um die
Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts — zu einer Ge-