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Bezold, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 2. Abhandlung): Astronomie, Himmelsschau und Astrallehre bei den Babyloniern — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32164#0017
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Babylonische Astronomie, Himmelsschau und Astraliehre. 17

(ca. 160—125), dem Astronomen von Rhodos, verbleiben. Die
Bejahung oder Verneinung dieses Satzes ist, wie wir später
sehen werden, für die Annahme der Existenz einer »altorienta-
lischen Weltanschauung« von Bedeutung. Ich wiederhole des-
halb nach Kugler 56) die Anhaltspunkte, die für die Erkenntnis
oder Nichterkenntnis der Präcession seitens der Babylonier in
Betracht kommen. Die Entscheidung der Frage hängt natü'r-
lich ab von der Ansetzung des Frühlingspunktes, d. h. des Ortes
der Sonne zur Zeit des Frühlingsäquinoctiums. Nun haben die
babylonischen Astronomen in ihren älteren Syzygientafeln aus
den Jahren ca. 175—152 v. Chr. diesen Punkt unter ca. io° des
Widders angenommen, mithin einen Fehler von 4—5 Graden
gemacht; dagegen in späteren Texten ähnlichen Inhalts, aber
wesentlich anderer Struktur aus den Jahren ca. 104 —101 den-
selben Punkt unter ca. 8° des Widders angenommen, mithin
einen Fehler von 3 0 40' gemacht. Sie setzten also das Früh-
lingsäquinoctium, das nachweisbar schon ums Jahr 273 gegen
ihre Rechnungen um 2-—3 Tage retardierte, um die Mitte des
zweiten Jahrhunderts um 5, gegen das Ende desselben Jahr-
hunderts aber um 4 (bzw. 3 3/4) Tage zu spät an. Hätten sie
das wahre Wesen der Präcession erkannt, wie es Hipparch
aus gewissen Beobachtungen der Spica entdeckte, so wären sie
nicht von 5 auf 4, sondern eben von 5 auf o übergegangen.
Sie ahnten, sie tasteten — aber sie wussten nicht! Es ist
demnach als so gut wie sicher zu betrachten, dass die Astro-
nomen Babyloniens bis mindestens zur Mitte des zweiten vor-
christlichen Jahrhunderts sich einer festen Ekliptik als Grund-
lage ihrer Berechnungen bedienten.

Verlassen wir nun die spätbabylonische Zeit, aus der wir
von einer weitentwickelten theoretischen Astronomie Kunde
erhielten, und wenden uns den Keilschriftquellen zu, die von
früherer und frühester Himmelsschau und Himmelskunde Auf-
schlüsse zu geben vermögen, so betreten wir mit einem Schlag
eine ganz andere Welt, eine viei unvollkommenere Welt als
die bisher erschaute. Es ist vor allem die weitberühmt gewor-
dene Bibliothek Assurbanipal’s, des griechischen Sardanapal
(668 — 626 v. Chr.), die, wie über alles Wissen und Können der
Ba'bylonier-Assyrer, so auch über ihre Beobachtungen der
Himmelskörper zahlreiche A ufzeichnungen enthält. Dreierlei
 
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