Hans von Schubert:
26
imd ostgotischen Arianismus die zeitweilige Weltstellung des Aria-
nismus, seine geschlossene Macht rund um das Westhecken des
Mittelmeers hergestellt worden. Es ist ausgeschlossen, dah Avitus
nicht gewußt haben sollte, wie es dazu gekommen war. Wir kennen
sein Geburtsjahr nicht, aber es ist wahrscheinlich, dah er schon
geraume Zeit auf der Welt war, als die Burgunder sich in jenen
Jahren auch seiner Vaterstadt bernächtigten.25)
Mit Wort und Schrift, Abhandlung und Brief hat Avitus mit
König Gundobad, hinter dem seine arianischen „sacerdotes“, theo-
logisch keineswegs ungerüstet, standen, um die Frage der Konfession
gerungen, ein geistiger Kampf, der, wie die Überlieferung zeigt, eine
gewisse Berühmtheit erlangte und von dem auch uns noch Reste
genug erhalten sind.26) Gundobad aber, Gundioks ältester Sohn,
wird schwerlich später als 445 geboren sein, da er vor seiner Thron-
besteigung in Italien erst als magister militum praesentalis neben
dem Sueven Ricimer, dessen Schwester seine Mutter war, dann in
dessen Nachfolge als römischer Patricius eine leitende Pmlle spielt, den
einen Kaiser, Anthemius, tötend (472), einen anderen, Glycerius, er-
hebend (473). Hätte die heute geltende Anschauung Recht, so fiele
also seine eigene Kindheit noch in die katholische Periode seines
Volkes. Avitus hätte es eigentlich mit einem Abtrünnigen zu tun,
dem er wirksam seine eigene, seines Geschlechts und seines Volks
Vergangenheit vorhalten konnte. Man müiste erwarten, dah jene
literarischen Reste Spuren aufwiesen. Genau das Gegenteil ist
cler Fall. Man hat längst einen Satz aus dem Anfang des be-
rühmten Briefes (46, ed. Peiper, p. 75) an Chlodwig, in clem er ihm
25) Sein Bruder Apollinaris, seit 484 Bischof v. Valence, war 452/3 geboren.
Da er nach ep. 68 der jüngere gewesen zu sein scheint, so kann raan mit Frantz,
S. 14, vermuten, dah Avitus’ Geburtsjahr noch in die erste Hälfte des Jahr-
hunderts fällt.
26) Greg. Tur. hist. Franc. II, 34, Agobard. Lugd. de imag. sanct. 9, adv.
legera Gundobadi c. 13, contra iudicium dei c. 6, abgedr. Mon. Germ. 1. c. p. 1 ff.
Die collatio episcoporum praesertim Aviti Ahennensis ep. coram rege Gundebaldo
adv. Arrianos, die Peiper im Append. p. 181 ff. mitabdruckt, darf nicht verwendet
werden, seit sie durch FIavet in den Questions Merovingiennes II, 1885, zu einer
Fälschung Vigniers gestempelt ist, mit sehr guten Gründen. Für unsere Frage trägt
sie nichts aus, auch in diesem Schriftstück ist von früherem Katholizismus keine
Rede. Ähnliche Religionsgespräche werden aber sicher stattgefunden liaben; bei
den Vandalen und auch den AVestgoten fehlt es nicht an Parallelen, uncl ep. 23
(p. 55 ii, vgl. 13 io) ist von einer collocutio regalis die Rede, die Avitus vor Gundo-
bad bestanden hat. Die Stelle ist wohl Aufforderung und Grundlage für Vigniers
Fälschung gewesen.
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imd ostgotischen Arianismus die zeitweilige Weltstellung des Aria-
nismus, seine geschlossene Macht rund um das Westhecken des
Mittelmeers hergestellt worden. Es ist ausgeschlossen, dah Avitus
nicht gewußt haben sollte, wie es dazu gekommen war. Wir kennen
sein Geburtsjahr nicht, aber es ist wahrscheinlich, dah er schon
geraume Zeit auf der Welt war, als die Burgunder sich in jenen
Jahren auch seiner Vaterstadt bernächtigten.25)
Mit Wort und Schrift, Abhandlung und Brief hat Avitus mit
König Gundobad, hinter dem seine arianischen „sacerdotes“, theo-
logisch keineswegs ungerüstet, standen, um die Frage der Konfession
gerungen, ein geistiger Kampf, der, wie die Überlieferung zeigt, eine
gewisse Berühmtheit erlangte und von dem auch uns noch Reste
genug erhalten sind.26) Gundobad aber, Gundioks ältester Sohn,
wird schwerlich später als 445 geboren sein, da er vor seiner Thron-
besteigung in Italien erst als magister militum praesentalis neben
dem Sueven Ricimer, dessen Schwester seine Mutter war, dann in
dessen Nachfolge als römischer Patricius eine leitende Pmlle spielt, den
einen Kaiser, Anthemius, tötend (472), einen anderen, Glycerius, er-
hebend (473). Hätte die heute geltende Anschauung Recht, so fiele
also seine eigene Kindheit noch in die katholische Periode seines
Volkes. Avitus hätte es eigentlich mit einem Abtrünnigen zu tun,
dem er wirksam seine eigene, seines Geschlechts und seines Volks
Vergangenheit vorhalten konnte. Man müiste erwarten, dah jene
literarischen Reste Spuren aufwiesen. Genau das Gegenteil ist
cler Fall. Man hat längst einen Satz aus dem Anfang des be-
rühmten Briefes (46, ed. Peiper, p. 75) an Chlodwig, in clem er ihm
25) Sein Bruder Apollinaris, seit 484 Bischof v. Valence, war 452/3 geboren.
Da er nach ep. 68 der jüngere gewesen zu sein scheint, so kann raan mit Frantz,
S. 14, vermuten, dah Avitus’ Geburtsjahr noch in die erste Hälfte des Jahr-
hunderts fällt.
26) Greg. Tur. hist. Franc. II, 34, Agobard. Lugd. de imag. sanct. 9, adv.
legera Gundobadi c. 13, contra iudicium dei c. 6, abgedr. Mon. Germ. 1. c. p. 1 ff.
Die collatio episcoporum praesertim Aviti Ahennensis ep. coram rege Gundebaldo
adv. Arrianos, die Peiper im Append. p. 181 ff. mitabdruckt, darf nicht verwendet
werden, seit sie durch FIavet in den Questions Merovingiennes II, 1885, zu einer
Fälschung Vigniers gestempelt ist, mit sehr guten Gründen. Für unsere Frage trägt
sie nichts aus, auch in diesem Schriftstück ist von früherem Katholizismus keine
Rede. Ähnliche Religionsgespräche werden aber sicher stattgefunden liaben; bei
den Vandalen und auch den AVestgoten fehlt es nicht an Parallelen, uncl ep. 23
(p. 55 ii, vgl. 13 io) ist von einer collocutio regalis die Rede, die Avitus vor Gundo-
bad bestanden hat. Die Stelle ist wohl Aufforderung und Grundlage für Vigniers
Fälschung gewesen.