Metadaten

Gerhard, Gustav A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 8. Abhandlung): Ein gräko-ägyptischer Erbstreit aus dem zweiten Jahrhundert vor Chr. — Heidelberg, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32170#0015
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ein gräko-ägyptischer Erbstreit aus dem zweiten Jahrhundert vor Chr. 15,

Die Schreiberinnen von G bitten, der Adressat möge ihnen im
Hinblick auf die Scbikanen des Beklagten 60) Anteil an gewissen
Gnadenerlassen der Ivönige (oder nur an seiner eigenen Gnade?)
gewähren 61) und durch entsprechende Weisung (an die zuständige
Stelle?) 62) dafür Sorge tragen, daß sie nicht vor die unkompetenten
Gerichte geschleppt würden. 63) Kein Zweifel, es handelt sich ums
Laokritengericht, vorwelches Patus nach demEnde von AB (o. S. 14)
die griechischen Mädchen zu bringen versuchte. Die Gnadenerlasse,
auf die sie sich diesem Versuch gegenüber möglicherweise berufen,
würden unser höchstes Interesse erregen. Wir würden in ihnen
älteren, bisher unbekannten Vorgängern des bekannten Toleranz-
edikts P. Teb. 5 vom 52. Jahr des Euergetes II (118 v. Ghr.) 64)
begegnen.

VI. Mit den obigen Ausführungen haben wir bereits über-
gegriffen zum seclrsten und letzten für uns konstatierbaren Stadium
des Erbstreits, der in unsrem Papyrus erhaltenen Anrufung des grie-
chischen Gouverneurs (emö'TpdTiiYoq) cler Thebais. Merkwürdig ist
es, daß dieser, entsprechend dem Gesuche, clie Sache nicht etwa
wie der Stratege im Hermiasprozef3 zur ordentlichen Gerichts-
verhandlung an clen Epistates cles Gaues, sondern lediglich, an-
scheinend zum dringendsten polizeilichen Schutze der Mädchen 65),
an den Archiphylakiten verwies (o. S. 14). Ob claneben wegen des
drohendcn Laokritenprozesses noch andere Behörden in Tätigkeit
traten, ob es noch zu weiteren Aktionen, eventuell zu einer Ver-
handlung vor den Chrematisten kam oder ob Patus, vielleicht mit
aus Bespekt vor dem als Gatte Apollonias einspringenclen Dryton 66),
nunmehr die Angriffe einstellte, wissen wir nicht.

60) Z. 30f. [dp.]ßÄ.eipavT’ eiq tov je'fovora hir’ auTou | [biaoeia|uöv].

61) Z. 31 f. peTabövB’ rpuv | [.cpi]Xav0pd)TTUüv.

62) Z. 32 f. ouvTaHai ypdipai | [oi<; Ka0riKet].

ß3) Z. 33 f. ötc]uu<; pf) TTepiaTrub|ue0a eirt Td | [pf] Ka0f]Kov]Ta KpiTppia.

6J) Über die darin vorkommende 'Regulierung der Kompetenzgrenzen zwischen
Laokriten und Chrematisten’ zuletzt Mitteis, Grundzüge, S. 7.

65) Z. 34 f. ei be ti oierai | [ßXdtpeiv?

66) Von Apollonias Schwestern treffen wir später noch Ammonia und Herais
verheiratet wieder. Ammonia erscheint nehen, ja sogar vor Apollonia als Frau
(yuvf|) im 35. Jahre des zweiten Euergetes (136/5 P. Giss. 36, 10). Vier Jahre
später (P. Grenf. I, 18 vom Jahre 39 = 132/1) ist auch Herais-Tisris als Gattin
des 'Persers’ Apollonios-Psennesis versorgt. Vgl. Meyer, P. Giss. I, 2, S. 7.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften