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Hampe, Karl; Baethgen, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 14. Abhandlung): Mitteilungen aus der Capuaner Briefsammlung (IV) — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32889#0005
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Mitteilungen aus der Capuaner Briefsanamlung IV.

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der Verhandlungstag mehrmals verschoben werden13), bis der Richter
sich endlich veranlaßt sah, auf den 8. Oktober — solange also war
clie Verhandlung schon hinausgezögert — die peremtorische Ladung
ergehen zu lassen.14) Daraufhin antwortete der Abt mit einer
Reihe von Einwänden und Eeschwerden15), die besonders darauf
hinausliefen, daß der von ihm eingesetzte Prokurator einmal infolge
der Unsicherheit der Straßen, dann aber auch clurch die nach
römischem Recht Gerichtsferien garantierende Weinernte ain Er-
scheinen verhindert sei, er, der Abt, hingegen den Rechtssatzungen
zufolge diesen Prokurator jetzt nicht mehr clurch einen anderen
ersetzen dürfe. Wenn auch der delegierte Puchter in seinem Ant-
wortschreiben16) diese Einwände nicht anerkannte, sie vielmehr
juristisch zu widerlegen sich bemühte, gewährte er doch noch einen
weiteren Aufschub von einer Woche. Doch auch damit gaben
weder der Abt noch sein Prokurator sich zufrieden; suchte ersterer
nochmals unter Aufgebot seiner juristischen Belesenheit die alten
Einwände zu erhärten, und drohte er schließlich recht unverhohlen
mit einer Ablehnung des Pdchters17), so legte sich der Prokurator
mehr aufs Bitten und wies auf die auch der Gegenpartei aus einer
Kontumazverurteilung erwachsenclen Nachteile hin.18) Als dann
endlich der Prokurator vor Gericht erschien, geschah es nur, um
den Richter abzulehnen: dieser habe, so schrieb Abt Matthäus an
den Papst19), im eignen Interesse das strittige Objekt einem Aver-
saner Wucherer übergeben, uncl da nach gültigem R.echtssatz niemand
in eigener Sacbe Richter sein dürfe, so müsse er, Matthäus, den
Bischof von Teano ablehnen und bitte, den Erzbischof Anselm von
Neapel mit der Entscheidung des Streites zu betrauen.
Mit diesem Briefe bricht die R.eihe der auf den Prozeß bezüg-
lichen Stücke plötzlich ab; wir erfahren nicht, ob cler Papst dieser
Ablehnung stattgegeben, niclits darüber, welchen weiteren Verlauf
der Prozeß genommen hat. Allzu groß ist der Schaden sachlich
ja wohl nicht; denn in dieser Hinsicht interessiert die Briefgruppe
nicht erheblich. Man könnte sogar den Verclacht hegen, es handle
sich liier nur um eine verwickelte und trefflich gelöste Schul-
aufgabe. Indessen stimmt doch chronologisch und sachlich alles
so gut überein, wie man es bei Stilübungen, bei clenen clarauf wirk-
lich nicht viel ankam, sonst nicht eben gewohnt ist, während man

13) Nr. 2—4. — 14) Nr. 5. — 15) Nr. 6. — 16) Nr. 7. — 17) Nr. 8.
18) Nr. 9. — 19) Nr. 10.
 
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