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Hampe, Karl; Baethgen, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 14. Abhandlung): Mitteilungen aus der Capuaner Briefsammlung (IV) — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32889#0006
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F. Baethgen und K. Hampe:

dort andererseits eine Abrundung mit Anfang und Ende erwarten
würde, und besonders ist zu beachten, daß sich die Mandate des
Bischofs von Teano in ihrer nüchternen, knappen Fassung durch-
gehends scharf abheben von den wort- und blütenreicheren Aver-
saner Stücken, was ein Stilkünstler oder Schüler jener Zeit unmöglich
absichtlich so gestaltet haben kann. So wäre höchstens die Möglich-
keit einer gewissen stilistischen Überarbeitung dieser letzteren Stücke
in Rechnung zu ziehen. Auf die Entscheiclung darüber kommt indes
nicht viel an, denn außer einigen kulturgeschichtlich beachtenswerten
Einzelheiten ist es vor allem der juristische Inhalt, der den Briefen
einige Bedeutung gibt.
Es ist neuerdings wiederholt darauf hingewiesen, welche Wich-
tigkeit der Wende des Jahrhunderts, insbesondere cler Zeit der
päpstlichen Regentschaft zukomme für das Einströmen romanistischer
und kanonistischer Elemente in das sizilische Reichsrecht.20) Dafür
dürfte die Capuaner Sammlung mancherlei neuen Stoff enthalten,
und auch die vorliegenden Briefe wird man sich daraufhin ansehen.
Indessen solche juristische Wertung mag anclern überlassen bleiben.
Auch einen kleinen Beitrag zur Charakteristik des Abtes Matthäus
wird man den Stücken vielleicht entnehmen können. Trotz aller
juristischen Gelehrsamkeit gewinnt man nicht gerade den Eindruck,
als sei Matthäus mit seiner Beweisführung durchaus im Recht, und
es mag daneben auffallen, mit welcher Rücksicht und Langmut er
von dem bischöflichen Richter behandelt wird. Möglich, daß der
Grund zu solcher Rücksichtnahme wirklich in freundschaftlichen
Beziehungen lag, auf die sich der Bischof so oft beruft, vielleicht
geschah es doch aber auch im wohlverstandenen Interesse der
päpstlichen Saclie, wenn man einen Mann, wie den Abt des trotz
aller Verluste doch jedenfalls noch recht ansehnlichen Ivlosters, etwas
vorsichtig anfaßte; denn in den Zeiten der ewigen Kämpfe mit den
Deutschen konnte die Folge einer Verstimmung leicht ein Übertritt
zu den Feinden sein, und Matthäus hatte ein nahes Beispiel vor
Augen in Gentilis, dem Bischof cler Stadt Aversa, der ein leiden-
schaftlicher Gegner des Papstes geworden war, weil er sich in
seinem Exemtionsprozeß von der Kurie beeinträchtigt fühlte.21) —
In der Tat gehören nämlich die hier skizzierten Schriftstücke noch

20) Vgl. Zechbauer, Das mittelalterliche Strafrecht Siziliens (1908), S. 6, und
Niese, Hist. Zeitschr. 108, S. 489.
21) Siehe diese Sitzungsberichte a. a. 0., S. 5, Anm. 10.
 
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