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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 5. Abhandlung): Platos Staatslehre in der Renaissance — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32880#0014
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Eberhard Gothein :

dammodo) gemeinsam; — „gewiss-ermiaBen“ — an die Stelle
der Einheit wird die Wechselbeziehung geschoben. Dennoch
könne man bedingt von einem Mein und Dein reden, nicht im
Sinne eines ursprünglichen, vollen Eigentums, sondem in dem
einer Zuwendung und ühertragenen Sorge. Er vermeidet alle
schärferen juristischen Begriffe, um sich mit dem abgeblaßtesten,
der am wenigsten eigenes Pmcht und am meisten Yerpflichtung
enthält, dem der „cura“ zu hegnügen.
Von theologisch-naturrechtlichen Ausgangspunkten her hatte
Thomas von Aquino Ähnliches in seiner Eigentumslehre gefolgert;
aher er hatte den Eigennutz des gefallenen kienschen als
unentbehrliche Triebkraft der Arbeit zur Erklärung der
Eigentumsordnung als einer Einschränkung der ursprünglichen
Gütergemeinschaft, wie sie der reinen menschlichen Natur ent-
spreche, eingeführt. Dieses peinliche Zugeständnis an das ver-
haßte 'EmhuiutiTiKÖv urnging der platonische Philosoph: ihm ist
der Eigentümer nur ein Beauftragter des Staates — Gedanken,
die in den nächsten Jahrhunderten von der Hochflut des in-
dividualistischen Naturrechts zurückgedrängt wurden, die aher
später aus der antiken Staatslehre neue Kraft sogen.
Lange stand der Kommentar zu den Gesetzen Platos aus.
Gerade auf ihn waren die Freunde hesonders gespannt; hier
mußte man doch fmden, was man hrauchte: die Verbindung von
Theorie und Praxis. Ein ganzer Kreis von fünf florentinischen
Staatsmännern wandte sich an ihn, um ihn zur Übersetzung und
Erläuterung zu drängen. Ficinus erwiderte, daß in der Tat
schon der alte Cosimo auf diese Arbeit besonderen Wert ge-
legt habe; aber er teilt ihnen zugleich mit: gerade in diesem
Werk erscheine Plato ganz als Theologe, indem er mit Moses,
Lycurg, Numa, Muhannned — man sieht, er ist historisch-tole-
rant — seine Gesetze von der Gottheit ableite. Nicht anders als
in der Politie erscheine auch hier die Gerechtigkeit als das
ahgemeine Prinzip der Weltregierung, jene Tugend, die selhst
da hleibe, wo alle andern verschwinden, in der Hölle, und da,
wo alle andern, die Sinnlichkeit zurückdämmenden nicht mehr
nötig sind, im Himmel.
In diesem Sinne hat er den Kommentar, einen seiner aus-
führlichsten, gehalten, aber die Pflicht des Erläuterers brachte
es mit sich, daß er auch die veränderten politischen Ansichten
Platos entwickeln muß. Gewöhnt, sich immer auf den Stand-
 
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