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Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 8. Abhandlung): Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32883#0019
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Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen.

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gibt ja auch „gute“ und „schlechte“ Hosen; ich gebrauche ein
Beispiel, das mir im Ctespräch wiederholt entgegengehalten ist.
Sicherlich, nur ist mir unbekannt, daß den Hosen ihre Güte oder
Schlechtigkeit je zugerechnet wäre.
Das sogenannte Gesetz von der Erhaltung der Kraft, eigent-
lich nur eine Abwandlung des Gesetzes der Trägheit, ist, wie
dieses, eine Abstraktion aus Erfahrungen; wir wollen eine Wahr-
scheinlichkeit für alle das Raumerfüllende bewegenden Kräfte
nicht in Frage stellen, würden aber doch wenig überrascht sein,
wenn Ausnahmen auch bei diesen erfindlich sein sollten. Da-
gegen ist seine Geltung für geistige Energien, von denen unser
Wissen überhaupt knapp die Eierschale verlassen hat, vage
monistische Hypothese. Übrigens würde, wenn wirklich sämt-
liche Energien unter dem Erhaltungsgesetz stünden, damit doch
nur der Fortbestand aller alten Bewegungen gesichert erscheinen,
aber nichts wider die Entstehung neuer Bewegungen bewiesen.
Denn warum müßte die Summe aller vorhandenen Kräfte für alle
Zeit eine abgeschlossene sein?
Aber das Kausalgesetz greift auch weiter: die Gesetze unseres
Denkens zwingen uns gleichsam, überall nach dem „warurn?“
zu fragen. Gut, Du hattest wirklich freie Wahl, konntest nach allem
Dich Umgebenden und nach Deiner eignen Art und Beschaffen-
heit Dich ebensowohl für A entscheiden wie für B; nun hast
Du die Wahl getroffen, für A entschieden, warum? Die Frage
ist berechtigt, aber ebenso in tausend Fällen die Antwort: „das
wissen wir nicht“. Könnten wir bei dem Gesetz der Trägheit
oder bei dem der Erhaltung der Kraft oder auch nur hei der
Attraktion mit ihren so leicht meßbaren Folgeerscheinungen dies
„warum“ beantworten? Bei jeder Bewegung, jeder Kraft und
Energie führen gewissenhafte Untersuchungen nach den ersten
Schritten zu einem unbeantworteten „warum“? Auf die Frage
nach dem „warum“ der getroffenen Wahl sagen wir zunächst,
„weil er wollte“. Und auf das weitere folgende: „warum wollte
er so“ ? wäre die korrekte Antwort: „wissen wir nicht“. Viel-
leicht aber gefiele manchen die Hypothese besser: „aus sicli
selber“.
Nicht ungeschickt hat man den hier supponierten Willen
als ein zweites, verfeinertes und doch widerstandskräftigeres Ich
in dem gröberen und durch fremden Einfluß bestimmbaren lcb
gezeichnet. Wäre derartiges denkbar? Dieses höhere Ich müßte

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