Metadaten

Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 8. Abhandlung): Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen — Heidelberg, 1912

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32883#0039
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen.

39

tungen bestätigt haben, noch einmal nachdrücklichst betonen:
wo das Vollkommene uns versagt erscheint, sollenwir Menschen,
eingedenk der Schwäche unseres geistigen wie körperlichen
Könnens, uns genügen lassen an dem Unvollkommenen, das uns
beschieden ist. Unser Recht ist gewiß unvollkommen, versagt
in Tausenden von Fällen, und doch wäre es mehr als töricht,
darauf zu verzichten: nützt es uns doch in Millionen. Ähnlich
steht es mit unserm Wissen, das wir weder recht zu definieren
noch zu beweisen vermögen, und doch zögen wir unserer ganzen
Kultur den Boden unter den Füßen fort, wenn wir nicht an-
nehmen wollten, daß wir von der Umwelt und von uns selber
ein oft recht ungenaues, aber gleichwohl zuverlässiges Wissen
besitzen, daß Wahrheiten, wenn auch in beschränktem Maße,
uns zugänglich sind. Nicht anders beim Wollen: auch den
Willen vermögen wir nicht recht zu begreifen und zu beweisen,
und doch müßte es zum Untergange unseres ganzen geistigen
und wohl bald danach auch des körperlichen Lebens führen,
wenn wir mit den Gedanken der Prädestination und unseres
eigenen Marionettentums Ernst machen wollten.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften