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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 13. Abhandlung): Über die ahurischen und daēvischen Ausdrücke im Awesta: eine semasiologische Studie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33316#0006
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6

Hermann Güütert:

Bestreben erklären, den verruchten Dienern und Geschöpfen des
ehenso gefürchteten wie gehaßten Teufels die gebührende Ver-
achtung zu zeigen. Nur die Schöpfungen des Ahura Mazdäh sind
vollendet gut und schön, alle Werke und Taten des Anra Mainyu
sind a priori schlecht, gemein und häßlich; man wählt also in Fällen,
in denen der Wortschatz es gestattet, einerseits ,,edle“ Worte, wo
es sich um etwas zur guten und vollkommenen Welt Gehöriges
handelt, andererseits gibt man seinem Ekel und seiner Abscheu
vor den Teufelsanbetern und daevischen Wesen durch niedrige
und verächtliche Ausdrücke, ja manchmal geradezu durch Schimpf-
wörter nachdrücklichst Ausdruck: für den Teufel und seine Ge-
schöpfe ist eben das Schlechteste gerade gut genug!

Auch sonst wird ja im AwestaStil nicht eben zartfühlend mit
den verfluchten DragGenossen umgegangen; man nennt sie
,,Strolche“ (kdrdza-), „Banditen“ (gaööti-) und „Wollüstlinge“
(upamraoöa-), „schwarze Teufel und schwarze Teufelsweiber“
(kax vardöa-, kax varidi-), „Dirnen“ (künäiri-) und „Komödiantinnen“
(kaxuzi-)'i nian wünscht dem „Raubzeug“ (xrafstra-) den marter-
vollsten Tod, man schildert etwa mit echt orientalischer Grausam-
keit, wie Vsw&ayna- in der Gestalt eines Ebers den mi'&ra-be-
trügenden Menschen die Wirbel zerbricht und den ganzen Leib
kurz und klein schneidet, — er, der „zugleich Knochen und Haare
und Gehirn und Blut der mi?9ra-belügenden Menschen auf der
Erde zusammenmengt“ (Yt.10, 72) usw. Liebe zu seinen Feinden
hat cler persische Prophet keineswegs von seinen Anhängern ver-
langt, sein Gebot heißt (Y. 18, 5): kasduscit nä asäune kä&e anhat
isväcit hq,s paraos akö drdgväite „man soll dem Gläubigen Liebes
erweisen, aber böse sein gegen die DragGenossen.“

6. Wenn nun beispielsweise für ,,Kopf“ im Awesta das Paar
vaybana- (ahur.) und kamdrdba- (daev.) begegnet, so ist das Prinzip
dieser Differenz gar nicht zu verkennen: ka-mordba- ist durch das
Pejorativpraefix ka- Schimpfwort geworden; offenbar hatte also
das einfache mordba-, das eng mit ai. mürdhän- ,,Kopf“, ags. molda
dass. verwanclt ist, einen zu guten, zu günstigen Sinn, so daß man
für diesen Zweck das die Bedeutung stark reduzierende Präfix
vorsetzte; vgl. ai. kimräjä ,,ein schlechter König“, kuvitsa- „irgend
jemand“ (s. Verf., Reimwortbildungen 72, §92), av. kaxuzi- „Gauk-
lerin“, kapasti- „Name einer Krankheit“ (lat. pestis), kax vardba-
„schwarzer Teufel“, künäiri- „Dirne“ 1. Meistens kommt das Wort

1 Steckt, das Präfix auch in kayaöa- „Sünde“?
 
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