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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 13. Abhandlung): Über die ahurischen und daēvischen Ausdrücke im Awesta: eine semasiologische Studie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33316#0010
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10

Hermaim Güntert:

Denn zbaraite ist verwandt mit ai. hvärate ,,er geht krumm, er
stolpert, strauchelt“; daß diese schlechte Bedeutungsfärbung auch
noch im Iranischen vorhanden war, ergibt sich schon aus dem
zugehörigen Substantiv zbarah- ,,Hügel“, vgl. ai. hväras- ,,Krüm-
mung“, und dem wurzelverwandten zürah- ,,Trug“, np. zür
,,falsch“, subst. ,,Lüge“, das wie ai. hväras- „krumme Wege,
Ränke, Falle“ eine abgeleitete Bedeutung aufweist. Ebenso werden
mit zbaraha- die „krummen Beine“ der DrugGenossen verspottet.

14. Ein ruhiger, gemessener Gang ist ehen etwas Schönes;
wie käme aber clieses Prädikat den Geschöpfen des AnraMainyu
zu ? Man sieht leicht, wie liier religiöse Überzeugung und Haß
zum selben Ziele führen. Während man vom Gehen der a/mrischen
Wesen die altüberkommenen Verba gam- und i- ,,gehen“ an-
wendet, ist ihr baeeisches Gegenstück dvar- ,,laufen, rennen, eilen“,
das mit ai. drävati „läuft, eilt, rennt“, drutä- „geschwind, rasch“
verwandt ist. So wird, um einBeispiel zu bringen, Yt. 8. 20/21 vom
Herabkommen des strahlend schönen Tistrya-, der in Gestalt
eines weißen, schönhaarigen Rosses zum See Vourukasa kommt,
i- gebraucht (paiti aväiti ,,er schreitet herab“), für das Entgegen-
kommen des Daeva Apaosa, der in Gestalt eines schwarzen, kahlen
Pferdes herankommt, wird dagegen dvar- gesagt (ä .... paitiyas
nizdvaraiti ,,er schleicht sich entgegenkommend heran“). Ein schönes,
würdevolles Schreiten, ein stolzer Gang ist nur bei langsamen
Schritten möglich, beim hastigen Dahinrennen entsteht ein un-
schöner Anblick. Ich erinnere an unser nhd. Wort auftreten,
clas vom selbstbewußten Gehen gebraucht wird: wenn man mit liör-
barem Schall den Fuß aufsetzt, dann kann man nicht eilen. Statt
vieler anderen Parallelen, die sich hier anführen ließen, sei an jenes
Gedicht Walthers von der Vogelweide erinnert, das den Kirchgang
Philipps in Magdeburg am Weihnachtsfeste des Jahres 1199 schil-
dert; da lesen wir Vers 7f.:

er trat vil lise, im was niht gäch:
im sleich ein höhgeborniu küneginne näich,
rös' äne dorn, ein tübe sunder gallen.

Mit diesen Worten malt der Dichter das feierlich-stolze Schrei-
ten cles Königspaares zum Münster. In einem anderen bekannten
Gedicht nennt Walther einen stolzen Gang einen kranechen trit
und schließt es mit den Worten:

erste wil ich eben setzen minen fuoz
und wider in ein höhgemiiete stigen.
 
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