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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 13. Abhandlung): Über die ahurischen und daēvischen Ausdrücke im Awesta: eine semasiologische Studie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33316#0011
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Über die ahurischeti und daevischen Ausdriicke im Awesta.

11

Es gibt auch Belege aus dem Awesta selbst, die uns unmittel-
bar die Ansicht der alten Iranier über einen schönen Gang beweisen,
z. B. Y. 10,14, eine Stelle, die freilich imEinzelnen ziemliche Schwie-
rigkeiten bietet, s. Bartholomae Air. Wb. 581 gegen Geldner
Religionsgesch. Lesebuch 345, auch Enc. Brit. 28, 969. Vgl. auch
Y. 10, 19, wo von dem stolzen Gang der Gläubigen, die sich am
Haoma- berauscht haben, die Rede ist.

Auch car- „sich bewegen, wandeln“, vgl. mp. vicärtan cversari’,
hat einen günstigen Nebensinn und ist also gam- und i- anzureihen:
es geht auf ahurische Wesen, wenn es gelegentlich pat- „fliegen“
(s. § 18) gegenübergestellt ist.

15. Ein weiteres Synonym dram- „laufen“ ist gleichfalls auf
daevische Wesen eingeschränkt, vgl. ai. drämati „läuft“, gr. Spagsfv
zufällig ist das Verbum selbst im Awesta niclit belegt, wohl aber
die zugehörige substantivische Ableitung handramanä-: dies be-
zeichnet wie handvardna- nur eine „Zusammenrottung“ teuflischer
Kreaturen im Gegensatz zu dem ahur. hanfamanä- „Versamm-
lung“, das zum Verbum gam- gehört; ähnlich wird dru- „laufen“
im schlechten Sinne gebraucht: dru- ist, mit dram- ja auch stamm-
verwandt.

16. Andererseits aber muß gebührencl gewürdigt werden, daß
die Verba gam- und i- keineswegs ausschließlich von ahurischen
Schöpfungen verwendet werden, während freilich dvar- lediglich clas
„Rennen“ teuflischerWesenbezeichnet. Wir lesenz. B.Y. 8,6: avasö-
xsa'&rö hyät drvä gatö (Part. Perf.) liamisto „unfrei möge cler Gott-
lose sein, gewichen, unterdrückt“. Ja Yt. 19, 12 ist sogar das Heran-
kommen der Drug- clurch eine Form von gam- ausgedrückt: druxs. .
näsäite yadat aiwicit fagmat „die Drug wircl fortgebracht werclen,
woher sie herbeigekommen war“. Geradedies muß uns vor allzu
raschen Schlüssen warnen: Die fragliche Gebrauchsweise ist nämlich
in Wirklichkeit durchaus nicht so gekünstelt, wie es zunächst er-
scheinen konnte. Wer sich genau in die Lehren Zaraftustras uncl in
die Denkungsart seiner Anhänger versetzt, der muß in vielen Fällen
ganz von selbst auf cliesen Dualismus verfallen: er kann für daev-
ische Schöpfungen nur verächtliche uncl niedrige Ausdrücke haben,
nicht indem er cler Sprache irgendwie Zwang antut, sonclern ein-
fach deswegen, weil clie Teufelswerke nach seiner Ansicht wirklich
schlecht sind: abgesehen von dem Bestreben, denGegner zu schmähen
und zu verspotten, ist also die doppelte Ausdrucksweise eine ganz
natürliche Folge der zoroastrischen Glaubenslehre.
 
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