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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Aly, Wolfgang [Oth.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 2. Abhandlung): Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung: 1. Literarische Stücke — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33295#0054
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54 Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung I.

ist, aber unter irrtümliclien Yoraussetzungen. Dasselbe gilt von
dem zweiten Paar: Sicli durch (Mein)eid aus der Affäre ziehen,
erweckt eine falsche Vorstellung; als Zeuge nicht erscheinen, ist
eine eigene Handlung, die mittelbar Schaden stiftet. So ent-
spricht clem vSkz-kxziv kiTrojxapTupetv, dem druoaTspeLv l^ogvuvat.
Und überhaupt Teilhaben an einem Betruge ist alles dasselbe,
nämlich betrügen. Dies aber — nun folgt leider die große Lücke,
die nicht so ohne weiteres überbrückt werden kann. Aber in der
zweiten Kolumne befinden wir uns noch in ganz den gleichen
Gedanken. Wer ist schlimmer, der Täter, d. h. z. B. der Dieb,
oder cler Betrüger, d. h-, der den anderen zu einer Handlungberedet ?
Der Redner will offenbar darauf hinaus, daß der letztere für die
Folgen genau so aufzukommen hat wie der erstere; auch Betrügen
ist eine Art von Diebstahl.

Mit diesen Gedankengängen deckt sich ganz auffallend ein
Beispiel, das Anaximenes in seiner Rhetorik p. 1422b 6 anführt:

cooTrep yap 6 vo[XoF£t'/]c [xsyLGTaip (G)[hap Toup xke nrocc, exoXaaev,
outco Szl xal Toup e E, a - a t u> v t a c- gakiOTa TL[xcopetaha!, ' xal
yap oÜTOt. xkeTrTOuaiv ttjv St.avot.av.

Da ist derselbe Gegensatz des Täters und des Betrügers zu
einer juristischen Definition des Betrugs ausgenutzt, clie aller-
dings unserer Auffassung zuwiderläuft. Auch bei Anaximenes
wird der Betrüger zum xXstctpq gestempelt, und zwar nicht bloß
derjenige, der sich in betrügerischer Weise bereichert, das könnte
man zur Not zum Diebstahl in Analogie setzen, sondern jeder,
der einen falschen Schein erweckt. Wir werden gleich sehen, daß
es sich in unserem Fragment wahrscheinlich nicht um einen ge-
wöhnlichen Betrug im Sinne des Strafgesetzes handelt, sondern
um etwas ganz ancleres.

Wie Anaximenes zu diesem Beispiel kommt, ist durch die
Bemerkungen von Blass Att. Beredtsamkeit II 2 S.395, dem sich
Brzoska bei PW. I 2090,43 anscliließt, nicht abgetan. BLASSspricht
von fiktiven Beispielen und begründet das in Ermanglung eines
positiven Beweises mit einer allgemeinen Erwägung: so war es
nichl nur praktischer, indem sich das Beispiel der Regel genauer
anschließt, sondern auch dem, der selbst Redner war, natiirlicher.
Schon der Hinweis auf ad. Her. 4,1 muß uns bedenklich machen,
wo dieser seine eigene Methode, die er als nostris exemplis uti
bezeich.net, ausführlich zu verteidigen für nötig hält, weil sie neu
sei. Unter fiktiven Beispielen soll man docli wohl solche ver-
 
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