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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 1. Abhandlung): Die sogenannten Slavenapostel Constantin und Methodius: ein grundlegendes Kapitel aus den Beziehungen Deutschlands zum Südosten — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34072#0014
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H. V. SCHUBERT:

fang der merowingischen Geschichte an, seit Chlodwigs Enkel Theo-
debert im 6. Jahrhundert ein Grenzherzogtum unter den fränkischen
Agilolfingern aufgerichtet hatte, ein fester Keil fränkischer
Herrschaft nach Osten vorgetrieben worden. Von den unzähkgen
Kiämpfen, in denen damals im Norden die Sachsen die Westslaven
am weiteren Vordringen über die Elbe gehindert haben, schweigt
die Geschichte; den Thüringern gegenüber schoben sie sich bis an
die Saale und nach Oberfranken bis in die Gegend von Nürnberg
und Bamberg vor. Am Ende des 5. Jahrhunderts hatte eine Welle
dieser Westslaven die Sudeten überschritten und sich des von den
Markomannen verlassenen, ehemaligen Bojerlandes bemächtigt
und waren darüber hinaus bis ins gebirgige Nordwestungarn ge-
langt: Böhmen, Aiährer, Slovaken, die also ethnographisch zusam-
men zu den Westslaven gehören. Am Böhmerwald aber hielten
die Bayern die Wacht. Sie hatten es noch mit einer zweiten slavi-
schen Welle zu tun, die seit dem 6. Jahrhundert über das heutige
Rumänien hereinbrach und sich teils nach den Balkanländern,
teifs donauaufwärts in die ungarische Tiefebene ergoß, sich dort
bis zum Peloponnes, hier bis zur Adria und zum Brenner durch-
arbeitete. Bei diesen dialektisch von den Westslaven verschie-
denen Südslaven lassen sich im 9. Jahrhundert 4 Gruppen unter-
scheiden: die am weitesten nach Westen in die Alpenländer vorge-
drungenen Slaven, auf denen der Narne Sclavini oder Sloveni bis
heute haften geblieben ist, an ihrer Seite die Ivarantanen an der
oberen Drau; in der Tiefe der Adria die Chorbaten, die Iiroaten,
daran anschließend am Drin die Serbier, endlich an beiden Seiten
der Donau und auch des Balkan sitzend die Bulgaren, bei denen
aber sogleich eine Einschränkung zu machen ist. Die übrigen
Slaven auf der Balkanhalbinsel waren ebenso im Begriff von
Konstantinopel aus christianisiert und unterworfen zu werden,
wie die Karantanen von Salzburg aus, wohin Karl der Große
einen seiner besten Männer, Alkuins Freund, den Bayern Arn,
setzte. Unter den 4 Gruppen waren die Bulgaren^ ohne Zweifel
die mächtigsten, durch Jahrhunderte schon die Todfeinde der
Griechen, der Schrecken von Byzanz. Aber sie waren kein ein-
heitliches Volk, sondern im alten Mösien zwischen Donau und
Balkan zusammengewachsen — abgesehen von den Resten romani-
sierter Thraker, Römer und Goten — aus einer Mehrheit einge-
i Über die Bulgaren siehe vorzüglich CowsT. J. JiRECEK, Gesch. d.
Bulg., Prag 1876.
 
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