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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 1. Abhandlung): Die sogenannten Slavenapostel Constantin und Methodius: ein grundlegendes Kapitel aus den Beziehungen Deutschlands zum Südosten — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34072#0019
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Die sogen. Slavenapostel Qonstantin und Methodius.

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tive begrüßen, wenn er den Satz las, daß die Tugend eines Fürsten
nicht darin bestehe, aus einer kleinen Stadt eine große zu machen.
Boris, der griechisch Getaufte, wandte sich nicht nur an Ludwig
den Deutschen, sondern mit einer glänzenden Gesandtschaft auch
nach Rom, das bemerkenswert rasch bei der Hand warh Seine
Legaten hatten bereits mit durchschlagendem Erfolge eingesetzt,
den griechischen Sauerteig auszufegen, als — Ermanrich von
Passau eintraf mit seinen Meßgewändern und Büchern. Die bayeri-
sche Mission im Gefolge zweier italienischer Bischöfe — so hatte er
sie nicht aufgefaßt! Er kehrte mit Zustimmung seines könighchen
Herrn nach Hause zurück. Das war 867. Die westliche Welt war
voh des Ruhmes über Roms Meisterstreich. Im Salzburger Erzbis-
tum wird die Stimmung etwas anders gewesen sein. Sie trieb einem
Ausbruch entgegen, als sich herausstehte, daß Rom auch das
Bayern so viel nähere Missionsgebiet, den breiten und langen
Streifen ungarischen Slaveniandes mit dem Mittelpunkt des
slavisch-christhchenFürstentums am Plattensee, an sich zu ziehen
im Begriff stand. Damit wäre den Deutschen ihre Kulturaufgabe
donauabwärts entwunden gewesen.
Man wird diesen immerhin bedeutenden Gedanken, den aus-
zuführen die sogen. Slavenapostel Constantin und Methodius die
Werkzeuge sein sollten, gewiß noch auf Nikolaus zurückführen
und in Zusammenhang mit seiner bulgarischen Politik bringen
müssen, wenn die Ausführung auch dem so viel schwächeren
Nachfolger Hadrian II. überlassen blieb. Die Korrespondenz des
Papstes mit Ludwig dem Deutschen ist nicht reichlich, aber sie
zeigt uns, daß das Verhältnis kein unfreundliches gewesen war,
wie das mit seinem Neffen, dem Mittelfranken Lothar II. und zeit-
weilig auch seinem Bruder in Westfranken, Karl dem Kahlen,
aber zufrieden war er auch keineswegs. Denn Ludwig hielt sich
getreu in der Linie der großväterlichen Traditionen. Als Nikolaus
865 den für fränkische Ohren unerhörten Plan einer Synode sämt-
licher Erzbischöfe des Reichs in Rom ins Leben zu führen wünschte,
war Ludwig so taub wie die anderen, und das Verhältnis trübte sich
noch mehr, als Ludwig es bald darauf für angezeigt hielt, mit sei-
nem Episkopat für seinen Neffen, den vielsündigen und vielange-
fochtenen Lothar, ja sogar für dessen vornehinste Helfershelfer,
die vom Papste abgesetzten argen Erzbischöfe von Köln und

* Ann. Bert. u. Ann. Fuld. H. cc.
 
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