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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0011
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Das vierte Evangelium.

11

Redestücke mit dem vorausgehenden und dem folgenden Erzäh-
lungsstoff vorhanden. Auch 5, 18 nicht; denn wenn die Jucfen
Jesum wegen seiner Gottesgleichheit verfolgen wolfen, so paßt
eine lange Rede, die die inkriminierte Behauptung nur noch schär-
fer und anstößiger wiederholt, gewiß nicht in die erzählende Dar-
stellung hinein, wenn allerdings auch schon 5, 17 Ähnliches behaup-
tet hat wie 5, 18. Vielleicht ist dieses der einzige verunglückte
Versuch, die Rede wenigstens äußerlich mit der vorausgehenden
Erzählung zu verbindenh
4. Ergänzungen und größere Zusätze, welche der Evan-
gelist zu seinen Quellenberichten hinzugefügt hat, machen zu-
weilen den Eindruck, afs seien sie später von anderer Hand einge-
legt worden. Gerade hier aber ist Vorsicht zu üben, ehe Interpola-
tionen oder Uberarbeitung von fremder Hand angenommen wer-
den dürfen. Denn in vielen Fäffen-sind die Quellen noch nachweis-
bar und von der charakteristischen Tätigkeit eines eigenartigen
Bearbeiters wohl zu unterscheiden, also nicht auf sekundäre Her-
kunft, sondern auf die Tätigkeit des Evangelisten zurückzuführen.
So wäre es z. B. durchaus verkehrt, wenn man die zahlreichen
Zusätze, die zu einigen synoptischen Berichten gemacht sind, auf
dieTätigkeit spätererlnterpolatoren zurückführen wollte. 1, 29b
bis 31 ist gewiß ein wenig geschickter Zusatz zum Evangelium,
der als solcher lästige Wiederholungen hervorgerufen hath Aber
1, 29b ist wohl von derselben Hand, die auch 1, 35f. hinzufügte,
eingesetzt, urn schon bei der Taufhandlung des Täufers die Haupt-
worte über Jesu Bedeutung anzubringen.
Gleicherweise hat man auch da, wo offenbare Einlagen ge-
macht sind, wie 20, 22 in die Erzählung von der ersten Erschei-
nung Jesu vor den Jüngern (20, 19—23) oder bei der darauf folgen-
den zweiten Erscheinung Jesu damit zu rechnen, daß der Evan-
gelist selbst oder einer seiner Mitarbeiter einen älteren Bericht
ergänzt hat. Zweifellos ist das der Fall bei 19, 40, wo in 19, 38—42
Fremdartiges (Nikodemus) eingeschoben ist. Wenn man auch viel-
leicht noch zweifeln könnte, ob eine Anticipation wie 11, 2, welche
^ An dieser Stelle ist es natürlich unmöglich, näher einzugehen auf die
sonstigen Versuche WELLHAUSENS (Eo. J., 107f.), die spätere Einfügung größe-
rerRedestücke in eine Grundschrift nachzuweisen; es mußten daher auch A^er-
mutungen, wie die, daß 10, 1—39 nachgetragen seien, 10, 40 direkt an 8, 59
anschließe oder 6, 25—h5 eingeschoben seien, beiseite gelassen werden.
s Vgl. ZeüscAr. /. TAecdogde 1910, 48.
 
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