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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0016
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16

WlLHELM SOLTAU:

vor allen Dingen nicht R, gekannt hat. Noch wichtiger ist, daß
er an einer der vier Stellen^, wo er die erzählenden Berichte des
Johannes erwähnt, nicht den Text des Evangeliums, sondern den
seiner Quelle zitiert. Rpok 161 (= Joh. 3, 3): Ktxt. y<xp 6 XpioTop
slTTEV' KV [17] &Va.YSVV7]hyjTe, oü [L7] SLoeXhTjTS Sip T7]V ßfXOlkeKv
TMv oüp<xvMv. Der Zusammenhang des Gespräches über die
Wiedergeburt erfordert dvtxYsvviQ&TiTe. Joh. 3, 3 aber bietet YswWp
fxvnbev, was, wenn es auch nicht dem Zusammenhang entspricht,
nicht getilgt werden darf, da die weitere Fortsetzung auf die Ideen
einer ,,Wiedergeburt von oben" durch den Geist Gottes hin-
weist.
Anderseits ist erwiesen, daß Ignatius keine Kunde von dem
erzählenden Teile des Evangeliums hatte^, während er an zahl-
reichen Stellen Worte aus R zitiert. V. D. GoLTZ hatte die Ähn-
lichkeit in Gedanken und Ausdruck z. T. auf das gleiche Milieu,
in dem sie entstanden, z. T. auf Erinnerungen an das Evangelium
zurückgeführt. Das ist aber schon deshalb unhaltbar, weil die
sehr zahlreichen Hinweise auf das Evangelium nur Redestellen,
nie erzählende Stoffe betreffen (S. 22). Dagegen finden sich
Hinweise fast auf alle Reden, selhst auf die entlegensten Gedanken
derselben. Wer z. B. Christus die ,,Tür" nennt, muß nicht nur die
Hirtenparabel, sondern direkt 18, 1 kennen. Ignatius muß also
eine Schrift gelesen und in Erinnerung gehabt haben, welche in-
haltlich wie formell sich mit der Redesammlung deckte. Ohne
diese Annahme wäre ein Hinweis auf alle Parabeln und die ganze
Begriffswelt von R nicht denkbar.
Die Redesammlung muß, so faßte ich schon früher mein Urteil
zusammen, in den Kreisen entstanden sein, in denen Ignatius
lebte, wirkte und predigte. Ihre Heimat ist Antiochiah Nicht
der Evangelist selbst, wohl aher der Verfasser der Reden stand der
dortigen Christengemeinde nahe. Beide Schriften sind also auch
hiernac.h auseinanderzuhalten.
5. Die Bedeutung dieses Fundes wird noch dadurch erhöht,
daß fast alle Teile von R, trotzdem auch sie —- wie gezeigt werden
i Außer Apoö 1, 61 noch 1, 62 (Joh. 4, 24), ferner die Hinweise auf Joh.
1, 19 f. im Dialogus 88.
^ Vgl. dagegen meine Ausführungen: Aann^e ignon'Mg ifas oi'er^e Peun-
geüniM odfer Teüe <fesseJ&en? in der Zeüsc/?r. /. & Veu^esL JFfss. 1915, 3. Heft.
s Das hat der verstorbene ZuRHELLEN, Ah'e Zfeinm^ hes oferiten Eoomge-
hs^en, richtig herausgefunden.
 
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