Metadaten

Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0023
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das vierte Evangelium.

23

geborenen; 11, 1—45 (46—57) Lazarus' Erweckung und 20, 24 bis
29 Erscheinung vor Thomas.
Von wem auch diese Berichte in das Evangelium gekommen
sein mögen, sicherlich stammen sie nicht von dem Jünger oder
dem Autor her, welcher die zuerst erwähnten synoptischen Erzäh-
lungen in der Hauptsache treu wiedererzählt und dem vierten
Evangelium einverleibt hat. Vielmehr gehören sie offenbar einer
ganz anderen Schicht der Uberlieferung an, nämlich einer solchen,
welche Jesus völlig ungeschichtlich als Herrn über Leben und
Tod auffaßt (11, lf.; 20, 24), ihm Allwissenheit zutraut (1, 45f.)
und eine übernatürliche Gewalt zuspricht, wie sie kein Evangelium,
kein Schriftsteller des I. Jahrhunderts Jesu zuerkannt hat. Sie
gehören also dem Evangelisten an, der eine Überarbeitung des
früher gesammelten Stoffes in Angriff genommen hath
Wir wenden uns Mer zunächst dem letzten Drittel des Evan-
geliums zu. Dasseibe enthält sieben Legenden, denen in ihrer
Eigenart kaum etwas Ähnliches in der übrigen evangelischen
Überfieferung zur Seite steht: 2, 1—11 Hochzeit zu Kana; 3, 1—12
Nikodemus; 4, 1—9; 16—30; 39—43^ Samariterin; 5, 1—8 der
Gelähmte bei Bethesda; 13, 3—20 Fußwaschung; 18, 25 + 19, 25
bis 333 Jesu Ende und 20, 11—18 Erscheinung Jesu vor Maria
MagdalenaL Wie schon in der ZezZscAr. /. d. Venfe^. kLG^. 1915, 23
gezeigt wurde, stehen diese Legenden in näherem Zusammenhang
mit den synoptischen Perikopen. 1, 19—34 hängt durch die Zeit-
angabe eng mit der 1. Legende 2, 1—11 zusammen: Zwei Tage
vergingen über den Vorgängen am Jordan (1, 29 f.), am dritten
(2, 1) soli die Hochzeit von Kana gewesen sein; 1, 35—51 ist also
mit seinen Zeitbestimmungen (1, 35; 1, 43) später eingefegt. —
An das ,,erste" Wunder der Legende 2, lf. schfießt sich ausdrück-
fich das erste synoptische Wunder 4, 45 an; 4, 54 fegt zum Schluß
sogar nochmals Wert auf diese Beziehung. — Die Leidensgeschichte
capp. 18—19ist, wie schon betont wurde, zweifellos durch eine Kom-
1 Über die Tätigkeit dieses Berichterstatters, der vor aflem die Streit-
reden Jesu mit den Juden (7,1—9, 42 ; 12, 20—44) zu schildern sucht, s. unten
Teil IV.
2 Über die dazu gemachten Bemerkungen, welche 4, 10 f. die Erzählung
unterbrechen s. sogleich.
^ Diese und einige wenige weitere Notizen der Leidensgeschichte sind
ein diesem Evangelium eigenartiger Bericht, dessen Angaben mit Synopt.
kombiniert sind.
* Über den Blindgeborenen 9, if. s. oben, Z. 1.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften