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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0036
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36

WlLHELM SOLTAU :

Sohn, wie es I. Joh. nach dem Abschnitt von R (Joh. 3, 16f.)
bietet, dem vervohständigten Evangelium nicht fremd. Aber
eine wörtliche Anlehnung von Ev. an die Gedanken von L Joh.
ist selten, und beider Ähnlichkeiten sind so zu erklären, daß Ev.
wie I. Joh. die Grundlage der Redesammlung (3, 16—21; 35—36;
15, 8—17) gekannt und benutzt haben. Es kann also keine Rede
davon sein, daß der Presbyter Johannes das ganze oder einen Teil
des Evangeliums selbständig ausgearbeitet habe. Von den Ein-
lagen, die es um 130 erhaften hat, sind die antisynoptischen Re-
standteife (1, 35—51; 3, 22—30; 11, lf.; 20, 24—29) ganz anders-
artig als die Gedanken des Eriefschreibers. Und nur bei einigen
aus R entnommenen Sprüchen kann an einen Einfluß des Pres-
byters Johannes auf das Evangelium gedacht werden.
Was sagt denn Papias über diesen Presbyter Johannes?
Nennt er lhn als Evangelisten ? Gewiß nicht. Er spricht neben
den Aposteln und den unmittelbaren Apostelschülern stets von
einer Mehrzahi von Presbytern, welche mündfiche Berichte von
den Aposteln überkommen und die Tradition ergänzt hätten.
Ausdrücklich aber hebt er hervor, daß der Apostei Johannes der
eigentliche Evangelist sei und trennt ihn von jenen Presbytern,
unter denen er Aristion und den Presbyter Johannes besonders
mit Namen nennt.
Wer dieses Urteif von Papias, dem Zeitgenossen des Poly-
carp, des Aristion und des Autors von f. Joh. gelten fäßt — und
ich sehe keinen Grund, ihm den Glauben zu versagen — der muß
den Urheber des Evangeliums, den Apostel Johannes, von dem
Presbyter Johannes, der noch manches aus der mündlichen Tradi-
tion hinzutat, trennen. Da nun aber gezeigt wurde, wie L im
wesentlichen auf den Apostel Johannes zurückzuführen ist, dieser
also einen wichtigen Anteil an G, an dem Protevangelium
Johannis hat, so wird man anderseits um so bereitwilliger aner-
kennen, daß sich manche Angaben der von dem späteren Evan-
gelisten vervollständigten Grundschrift durch die Presbyter
und ihre mündlichen Mitteilungen erhalten hahen. Aber nicht
durch den Presbyter Johannes aflein! Dieser hat viei-
feicht einige Worte aus R hinzugetan, manche andere aber
Aristion oder sonstige asiatische Presbyter. Denn nicht der Ein-
zefne, und hätte er sich auch mit dem Namen des Johannes ge-
deckt, konnte beliebig einen his dahin in Ansehen stehenden
evangelischen Bericht abändern. Es wird auch hier wie beim
 
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