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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0020
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20

ALFRED DOVE:

Naturvolkes, ihm selber sowohl wie den Außenstehenden als un-
selbständiges Ergebnis oder notwendiger Ausfluß seiner angebore-
nen Stammesart. Demgemäß stebt sicb denn auch jedes έΕνος
bestimmt als Einheit dar, die ihren festen Ausdruck im Eigennamen
des Volkes findet. Die mnere Wirkung dieser etbnischen Einbeit
offenbart sich in der Gleichheit der noch wenig vom durchschnitt-
lichen Stammescharakter abweichenden Individuen; als ihr äußerer
Effekt läßt sich dagegen die Freiheit der Völkerschaft betrachten,
cfas mehr oder weniger glückliche, stets aber wenigstens energi-
sche Streben dersefben, fremden Einfluß oder gar fremde Herr-
schaft von sich abzuhalten. So einfach jedoch in sich selbst, so
wenig vereinzelt steht das έΑνος oder die gens in der Welt über-
haupt da; für die allgemeine Anschauung kommt sogar vorzugs-
weise die Mehrzahl der gentes oder έ-9-νη in Betracht. Massenhaft
hetreten sie die Bühne der Geschichte; zwar nicht durch überlegte
Zusammensetzung mit einander verbunden, sondern in gleichgülti-
ger Häufung nach der Weise von Naturerzeugnissen einander
geseht: immerhin jedoch wirken sie auch so, von dem nämfichen
Ziele gfeic.hmäßig angezogen, ungeachtet lhrer gegenseitigen
Reibungen und Feindseligkeiten, in ihrer Summe mit durchschla-
gender Gewalt. Die Völkerwanderung ist daher nicht bloß der
großartige Ortswechsel einer Völkermenge; die migrationes gen-
tium bedeuten vielmehr zugleich die Einwanderung einer neuen
Generation frischer gentes in die Universalgeschichte sefhst; wo-
durch mit einer national erstorbenen Wrgangenheit gebrochen
ward, um über die Schwefle einer ethnologisch gestalteten Gegen-
wart hmweg eine national wiederbelebte Zukunft heraufzuführen.
Es sei vergönnt, diese Auffassung nochetwas deutlic.her auseinander-
zusetzen.
Die afte Geschichte sefber hebt, da sie allenthalben ein unhisto-
risches Naturleben zum Hintergrunde hat, zwar selbstverständ-
fich ebenfalls überall mit rein ethnologischen Zuständen an; allein
sie räumt damit in ihrem eigenen Machtbereiche nach und nach
vollständig auf. Was aber im Umkreise des Mittelmeeres an Stelle
der verschwundenen Völkerschaften übrig blieb, war nicht wie in
unseren Tagen ein System des Gleichgewichtes von Nationen und
Staaten, wie sich dieselbe im Laufe der modernen Jahrhunderte
wechselseitig aus und durcheinander — die Nationen durch politi-
sches Schicksal, die Staaten auf ethnischer Grundfage — ent-
wickeft haben. Es ist der Fluch des Altertums gewesen, woran es
 
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