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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0025
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Studien zur Vorgeschichte des deutschen AVlksnamens.

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stämme, die in der Ivaiserzeit hervorgesproßt sind/' hat eine Hand
des 7. Jahrhunderts einem derartigen, dreihundert Jahre älteren
Verzeichnis zur vielsagenden Überschrift gegeben^.
Diese großen Verhältnisse muß man sich ins Gedächtnis zurück-
rufen, will man den Volksbegriff der Vöikerwanderungszeit in
allgemeinen Zügen lebendig vor Augen haben. Ein Blick auf den
Sprachgebrauch der Quellen wird zur Bestätigung und Ergänzung
gereichenh Da ergibt sich denn aus tausend und abertausend
Stellen, daß ε-9νος oder gens^ im Singular dazu dienen, das ein-
zelne Volk in seiner konkreten Erscheinung^, in der einheitlichen
Totalität. seiner angestammten Eigenart, in seinem nach innen
homogenen, überall mit sich selbst. identischen, nach außen hin-
1 MüLLENHOFF, Germania antiqua p. 157. — Ygl- Ders., Berl. Ak.
Abh. 1862, S. 528ff.
2 Auch die Theoretiker bieten immerhin einiges Brauchbare. Gentes,
sagt Cassiodor (expos. in psalm. II v. 8) significat nationes toto orbe divisas,
quas distinctus atque separatus sanguis amplectitur; gens enim a genere
vocitatur. Dazu vgl. (ib. ps. XCV v. 7) cum dicit 'patriae gentium', plus
significat, quam si soias diceret gentes; gens enim aliquos potest habere pere-
grinos, et dum natio dicitur, non advenas complectimur, sed tantum gentem
unius sanguinis indicamus. Hic vero dicturn est 'patriae gentium', ut nullus
indigena, nullus hospes, nullus peregrinus redderetur exceptus. -— Unge-
schickt, Avie gewöhnlich, Isidor (different I, 270): inter gentem et gentes et
genus: gens nationis est, ut Graeciae, Assyriae; hinc et gentilitas dicitur
tdas Heidentum ist gemeint); gentes autem familiae, ut Juliae, Claudiae;
genus vero ad qualitatem refertur, ut p^coris, pomi. Dazu der Anonymus
(I. differ. als appendix zu Isidor z. B. Migne LXXXIII, 1319 sq. c. 203):
inter genus et gentem hoc interest, quod genus tam hominum quam ferarum
est, gens ad congregationem plurimum pertinet et ab uno capite descendit;
dicimus enim 'gens Gallorumh — Die Gleichung zwischen gens und έ-9νος
bezeugt Isid. (etymol. VIII, 10 'de paganis' 3): proinde gentiles primitus
nuncupantur (die Heiden nämlich), ipsi dicuntur Graece ethnici; ethnici
enim ex Graeco in Latinum interpretantur gentiles, έΑνος enim Graece gens
dicitur.
^ Die ehemals vorwaltende Bedeutung von gens = 'Geschlecht' (Julia,
Claudia) tritt in diesen Zeiten sehr zurück, da jener Begriff für römische Wr-
hältnisse nur noch antiquarischen Wert besaß, für barbarische, insbesondere
germanische, die 'Geschlechter' historisch ebenfalls kaum in Betracht kom-
men. Nur für die fürstlichen Häuser (Amaler, Merovinger, Agilolfinger) fin-
det sich neben den regelmäßigen Benennungen, wie stirps, genus, generatio,
bisweilen gens gebraucht. Mit gens selbst stehen auch die Ableitungen gen-
tilis, gentilitas, gentilicius in späteren Tagen meist auf seiten des Volksbegriffes;
vgl. u. S. 32, A. 2; S. 53 u. 54, A.
4 Nur spärlich wird gens, wie sonst natio, auch abstrakt für 'Natio-
nalität' gesetzt; s. u. S. 33, A. 3.
 
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