Studien zur Amrgeschichte des deutschen \"olksnamens.
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In demselben Sinne spricht auch Jordanis mit Vorliebe von den
omnes, multae, aliae, ganz besonders aber von den diversae nationes,
die Asien, Scythien, Germanien, Skandinavien erfühen oder unter
der Oberherrschaft der Hunnen poiitisch vereinigt sind. De hac
re diversae hominum nationes diversa sentiunt schreibt Gregor
d. Gr.; Beda lenkt einmal unseren Blick über den ganzen Erd-
kreis per diversas nationes et linguash λ^οη hier aus lag es nahe,
auch da, wo es sich um den allgemeinen Gegensatz gegen die
römische Welt handelt, für gentes bisweilen nationes — teils
mit, teils ohne barbarae — zu setzen: Attilas Tod tritt ein optata
cunctis nationibus in commune et Romanis; und Wendungen wie
quod inter nationes eximium est, inter nationum consuetudinem
perversam, enthalten ohne Zweifel einfach den Begriff von gentes
= barbarik Endlich aber wird denn doch, zumeist wohl aus
Scheu vor Eintönigkeit der Rede, auch die einzelne bestimmte
gens ohne weiteres als natio eingeführt, am liebsten wieder da, wo
sie als Teil eines größeren Ganzen auftritt; für die unmittelbare,
gleichwertige Verbindung des Wortes mit dem gentilen Eigen-
namen, wie in Gepidarum natio, finden sich indes nur wenige
Beispieleh
* Jord. Get. 198; 226 usw., s. MoMMSEN Jord. ind. IV p. 193. — Beda
h. eccl. I, 27; III, 25. — Cf. Lex Visig. Xll, 2, 1. diversitas sirnul nationum
et hominum.
^ Jord. Get. 253; Cassiod. Var. VIII, 10.; III, 23. -— Über die, analog
dem späteren Korps der Gentilen, aus 'nationes' (so bes. Hygin. de castra-
metat.) rekrutierten numeri des römischen Heeres im 2. u. 3. Jahrh. n. Chr.
s. MoMMSEN, Hermes XIX, 219ff. Barbarae nationes z. B. Pacat. paneg.
III (o. S. 26, A. 1); Prosp. Tiro ap. Ronc. II, 746 Arriani, Romano procul orbe
fugati, barbararum nationum, ad quas se contulere, praesidio erigi coeperunt
usw.
s Belege für die subsidiäre Anwendung von natio anstatt gens im ein-
zelnen s. in der ethnographischen Übersicht des neupersischen Reiches oder
der pontischen Regionen bei Ammian (XXIII, 6; XXII, 8); der Autor zieht
dabei die relativ lockere Verknüpfung in Gestalt der Apposition vor —
Bactriani, natio antehac bellatrix et potentissima; Sacae, natio fera — und
folgt im übrigen nach Kräften dem Sprachgebrauch des Tacitus, über welchen
vgl. WAiTz, Vfg. ü, 203 A. 2 u. DAHN, Könige I, 53f. — Beda braucht natio
für die einzelne angelsächsische gens stets mit Rücksicht auf das Ganze: gens
Nordanhymbrorum, hoc esteanatio Anglorum, quaeetc. —h. eccl. 11,9 — ; prae-
fata natio Anglorum von den Ostangeln II, 15; auch Jutarum natio, übrigens
eine kleine, politisch unselbständige gens, findet sich nur in der Generalbeschrei-
bung der Bevölkerungsverhältnisse I, 15; und die Scotti heißen tertia natio
neben tertia gens gleichfalls im Hinblick auf ganz Britannien I, 1. — Jordanis
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In demselben Sinne spricht auch Jordanis mit Vorliebe von den
omnes, multae, aliae, ganz besonders aber von den diversae nationes,
die Asien, Scythien, Germanien, Skandinavien erfühen oder unter
der Oberherrschaft der Hunnen poiitisch vereinigt sind. De hac
re diversae hominum nationes diversa sentiunt schreibt Gregor
d. Gr.; Beda lenkt einmal unseren Blick über den ganzen Erd-
kreis per diversas nationes et linguash λ^οη hier aus lag es nahe,
auch da, wo es sich um den allgemeinen Gegensatz gegen die
römische Welt handelt, für gentes bisweilen nationes — teils
mit, teils ohne barbarae — zu setzen: Attilas Tod tritt ein optata
cunctis nationibus in commune et Romanis; und Wendungen wie
quod inter nationes eximium est, inter nationum consuetudinem
perversam, enthalten ohne Zweifel einfach den Begriff von gentes
= barbarik Endlich aber wird denn doch, zumeist wohl aus
Scheu vor Eintönigkeit der Rede, auch die einzelne bestimmte
gens ohne weiteres als natio eingeführt, am liebsten wieder da, wo
sie als Teil eines größeren Ganzen auftritt; für die unmittelbare,
gleichwertige Verbindung des Wortes mit dem gentilen Eigen-
namen, wie in Gepidarum natio, finden sich indes nur wenige
Beispieleh
* Jord. Get. 198; 226 usw., s. MoMMSEN Jord. ind. IV p. 193. — Beda
h. eccl. I, 27; III, 25. — Cf. Lex Visig. Xll, 2, 1. diversitas sirnul nationum
et hominum.
^ Jord. Get. 253; Cassiod. Var. VIII, 10.; III, 23. -— Über die, analog
dem späteren Korps der Gentilen, aus 'nationes' (so bes. Hygin. de castra-
metat.) rekrutierten numeri des römischen Heeres im 2. u. 3. Jahrh. n. Chr.
s. MoMMSEN, Hermes XIX, 219ff. Barbarae nationes z. B. Pacat. paneg.
III (o. S. 26, A. 1); Prosp. Tiro ap. Ronc. II, 746 Arriani, Romano procul orbe
fugati, barbararum nationum, ad quas se contulere, praesidio erigi coeperunt
usw.
s Belege für die subsidiäre Anwendung von natio anstatt gens im ein-
zelnen s. in der ethnographischen Übersicht des neupersischen Reiches oder
der pontischen Regionen bei Ammian (XXIII, 6; XXII, 8); der Autor zieht
dabei die relativ lockere Verknüpfung in Gestalt der Apposition vor —
Bactriani, natio antehac bellatrix et potentissima; Sacae, natio fera — und
folgt im übrigen nach Kräften dem Sprachgebrauch des Tacitus, über welchen
vgl. WAiTz, Vfg. ü, 203 A. 2 u. DAHN, Könige I, 53f. — Beda braucht natio
für die einzelne angelsächsische gens stets mit Rücksicht auf das Ganze: gens
Nordanhymbrorum, hoc esteanatio Anglorum, quaeetc. —h. eccl. 11,9 — ; prae-
fata natio Anglorum von den Ostangeln II, 15; auch Jutarum natio, übrigens
eine kleine, politisch unselbständige gens, findet sich nur in der Generalbeschrei-
bung der Bevölkerungsverhältnisse I, 15; und die Scotti heißen tertia natio
neben tertia gens gleichfalls im Hinblick auf ganz Britannien I, 1. — Jordanis