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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0041
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Studien zur Yorgeschichte des deutschen Volksnamens.

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haftet ührigens stets an der Außenseite, während auf die Verschie-
denheit der Elemente des Volkes, die Mannigfaitigkeit seiner mne-
ren Struktur gar keine Rücksicht genommen wird. Aus dieser
Tatsache begreift sich die überaus geläufige Gegenüberstehung
des populus oder der populi und der davon abgesonderten staatlich
quafifizierten Personen, mit einem Wort: der Obrigkeith
Aus dem Gesagten ergiht sich die Anwendung auf den ethni-
schen Bereich von selbst. Sieht man einmal ab von dem nationalen
Gehalt der gens, gleichsam \mn ihrer Seele, so bleibt ihr Leib ais
populus übrig, bei näherer Betrachtung ebenso materiell in populi
zerlegbar. In einigen Fällen wird dabei die Masse rein als soiche
erwogen, wie wenn die Veneter eine natio populosa heißen, von
dem crescens populus der Gepiden, von der magna popuii numero-
sitas bei den Goten die Rede isth Wenn dagegen Orosius klagt,
der Römerherrschaft seien eriegen innumeri diversarum gentium
populi, diu ante iiberi, tunc belio victi; wenn isidor von Sevilla
die Ansicht ausspricht, die Hunnen seien zur Zuchtrute der Gläu-
bigen bestimmt, sicut populus est gentis Persarum; wenn Victor
von Vita jammernd erzählt, es gehe nun ins sechzigste Jahr, seit
populus ille crudeiis ac saevus Wandalicae gentis das arme Afrika
betreten: so hat man es sichtlich mit einer tieferen, politischen Auf-
Constantinopolitanae: cunctos populos, quos cieinentiae nostrae regit tempera-
mentum. — Auf diese popuii zieit auch der Ausdruck Afrorum populi für die
Provinzialen Afrikas: Salv. d. gub. D. VII, 84, sowie die Phrase Cassiodors,
die Römer müßten die Goten lieben, qui et in pace numerosos vobis populos
faciunt et universam rempublicam per bella defendunt (Var. VII, 3). — Als
quasipolitische Körperschaft heißt auch die Faktion der Rennbahn populus
partis Prasinae (ib. I, 27). — Wie sehr die politische Idee bei dem Worte
populus vorwog, zeigt Augustin, der nur zwei Definitionen kennt: die ciceroni-
sche (de repb. I, 25, 39): populus autem non omnis hominum coetus quoquo
modo congregatus, sed coetus multitudinis juris consensu et utilitatis commu-
nione sociatus, die er mit geringen Modifikationen mehrfach zitiert (d. civ.
D. II, 21; XIX, 21; 23) und eine eigene (ib. XIX, 24): populus est coetus
multitudinis rationalis, rerum quas diligit concordi communione sociatus,
im Hinblick auf die Kirche etwas weiter gefaßt, jedoch zunächst wiederum
auf Staaten angewandt. Dagegen erscheint ihm eine qualiscunque multitudo
populi nomine non digna (XIX, 21).
1 Sehr nahe lag daher in despotischer Zeit die Vertauschung von populus
oder populi mit plebs und plebes; vgl. o. S. 39, A. 4.
2 Jord. Get. 34; 97; 26. Populosas fore gentes als erwünschtes Ziel
Jord. Rom. 310. —- Der gens populosa entspricht im Griechischen, direkt
nach der Kopfzahl bemessen, das έ-&ν&ς -ολυοίν&ρωπον, Procop. b. Goth.
II, 15 usw.
 
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