Studien zur A'orgeschichte des deutschen A'olksnamens.
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nien landende Anglorum sive Saxonum gens herkommen de tri-
bus Germaniae populis fortioribus, ld est Saxombus, Anglis, Jutis,
und f'ügt einem Merciorum genti ein nec non et ceteris australium
provinciarum popuiis hinzu^. Jordanis hat doch auch einmaf, von
seiner sonstigen Gewohnheit abweichend, Getarum populus für
die Ostgoten in ihrer Selbständigkeit; Isidor nimmt sich ein ver-
einzeltes Gothorum populus ebenfalls nicht übel; sem Rekapitulator
leitet sogar eine Schilderung des westgotischen Volkscharakters
durch populi natura ein, wobei augenscheinlich eben durch den
Zusatz natura populus in die nationale Bedeutung von gens hinüber-
gezogen wirdh
JJatten Caesar und Tacitus in weitherziger Terminologie selbst
den Namen der 'Bürgerschaft' auf die gallischen und germam-
schen Völkerschaften übertragen, so findet sich bei den Historikern
der Wanderperiode davon keine Spur mehr^. Bei ihnen bedeutet
civitas entweder die städtische Gemeinde, oder noch häufiger die
Stadt in ihrer äußeren Existenz selber und trägt eher dazu bei,
^ H. eccl. I, 15; III, 24.
2 Jord. Get. 308; cf. 264 Hunnorum populus. In der schwülstigen
cassiodorischen Phrase 37: Hunni quasi fortissimorum gentium cespes bifari-
am populorum rabiem pullularunt ist dagegen unverkennbar zwischen natio-
nalem Ursprung und politischem Auftreten der Völkerschaften unterschie-
den. — Isid. h. d. reg. Goth. 53, 67. — Es gilt hier natürlich ebenfalls die
schon oben (S.37, A. 3) in bezug auf natio gemachte Bemerkung, daß von
einem absoiut gedankenlosen Einsatze von populus für gens nie die Rede
sein kann.
s Über civitas für gens bei Caesaru. Tacitus s. ÜAHN, Könige I, 40f.;
54ff., ΑΑΑιτζ, ATg. P, 203. — MoMMSEN nimmt an (Ilermes XVI, 449; 483ff.
vgl. XIX, 66), daß die gallische gens in ihrer politischen Erscheinung schon
lange vor Caesar römischerseits als Bürgerschaft aufgefaßt worden sei, was
ihdes aus Liv. ep. LXV, wo der Ausdruck civitas eben auf Gaesars Vorgang
beruhen kann, nicht zu erweisen ist. Von den Galliern übertrug dann Caesar
die Bezeichnung auf die Germanen, worin ihm wieder Tacitus mit gewohnter
Abhängigkeit folgte. Objektive Schlüsse auf die Natur des gentilen Staats-
wesens bei den Germanen lassen sich jedenfalls aus dem Namen civitas am
allerwenigsten ziehen. — MüLLENHOFF macht (Berl. Ak. Abh. 1862 S. 529)
zwischen gens und civitas bei Tacitus irrig auch dem Um3:ange nach einen Un-
terschied und findet diesen 'guten alten Sprachgebrauch' noch in dem bald
nach 300 verfaßten Anhang zum Veroneser Provinzialverzeichnis beobachtet.
Allein hier heißen einige überrheinische gentes nur insofern civitates, als sie
in formulam Belgicae primae redactae, als römische Gemeinden organisiert
waren. Sie stehen deshalb zu den früher aufgezählten gentes barbarae in
entschiedenem Gegensatz: istae civitates sub GsIIieno imperatore a barbaris
occupatae sunt.
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nien landende Anglorum sive Saxonum gens herkommen de tri-
bus Germaniae populis fortioribus, ld est Saxombus, Anglis, Jutis,
und f'ügt einem Merciorum genti ein nec non et ceteris australium
provinciarum popuiis hinzu^. Jordanis hat doch auch einmaf, von
seiner sonstigen Gewohnheit abweichend, Getarum populus für
die Ostgoten in ihrer Selbständigkeit; Isidor nimmt sich ein ver-
einzeltes Gothorum populus ebenfalls nicht übel; sem Rekapitulator
leitet sogar eine Schilderung des westgotischen Volkscharakters
durch populi natura ein, wobei augenscheinlich eben durch den
Zusatz natura populus in die nationale Bedeutung von gens hinüber-
gezogen wirdh
JJatten Caesar und Tacitus in weitherziger Terminologie selbst
den Namen der 'Bürgerschaft' auf die gallischen und germam-
schen Völkerschaften übertragen, so findet sich bei den Historikern
der Wanderperiode davon keine Spur mehr^. Bei ihnen bedeutet
civitas entweder die städtische Gemeinde, oder noch häufiger die
Stadt in ihrer äußeren Existenz selber und trägt eher dazu bei,
^ H. eccl. I, 15; III, 24.
2 Jord. Get. 308; cf. 264 Hunnorum populus. In der schwülstigen
cassiodorischen Phrase 37: Hunni quasi fortissimorum gentium cespes bifari-
am populorum rabiem pullularunt ist dagegen unverkennbar zwischen natio-
nalem Ursprung und politischem Auftreten der Völkerschaften unterschie-
den. — Isid. h. d. reg. Goth. 53, 67. — Es gilt hier natürlich ebenfalls die
schon oben (S.37, A. 3) in bezug auf natio gemachte Bemerkung, daß von
einem absoiut gedankenlosen Einsatze von populus für gens nie die Rede
sein kann.
s Über civitas für gens bei Caesaru. Tacitus s. ÜAHN, Könige I, 40f.;
54ff., ΑΑΑιτζ, ATg. P, 203. — MoMMSEN nimmt an (Ilermes XVI, 449; 483ff.
vgl. XIX, 66), daß die gallische gens in ihrer politischen Erscheinung schon
lange vor Caesar römischerseits als Bürgerschaft aufgefaßt worden sei, was
ihdes aus Liv. ep. LXV, wo der Ausdruck civitas eben auf Gaesars Vorgang
beruhen kann, nicht zu erweisen ist. Von den Galliern übertrug dann Caesar
die Bezeichnung auf die Germanen, worin ihm wieder Tacitus mit gewohnter
Abhängigkeit folgte. Objektive Schlüsse auf die Natur des gentilen Staats-
wesens bei den Germanen lassen sich jedenfalls aus dem Namen civitas am
allerwenigsten ziehen. — MüLLENHOFF macht (Berl. Ak. Abh. 1862 S. 529)
zwischen gens und civitas bei Tacitus irrig auch dem Um3:ange nach einen Un-
terschied und findet diesen 'guten alten Sprachgebrauch' noch in dem bald
nach 300 verfaßten Anhang zum Veroneser Provinzialverzeichnis beobachtet.
Allein hier heißen einige überrheinische gentes nur insofern civitates, als sie
in formulam Belgicae primae redactae, als römische Gemeinden organisiert
waren. Sie stehen deshalb zu den früher aufgezählten gentes barbarae in
entschiedenem Gegensatz: istae civitates sub GsIIieno imperatore a barbaris
occupatae sunt.