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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0092
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92

ALFRED DOVE:

kleine stammfremde Minderheiten wissen sich doch geraume
Zeit als solche hindurch zu behaupten. Die Reste der Alanen,
die sich den AMndalen angeschlossen, werden sogar durch Auf-
nahme ihres Volksnamens in den Titel der Vandalenkönige ausge-
zeichnet; die Rugier im Ostgotenreich können noch nach Jabr-
zehnten daran denken, einen der Ihrigen auf den Thron zu setzen^.
Im Westgotenstaate sprechen gegen Ende des 7. Jahrhunderts
nach der Einführung eines allgemeinen Landrechtes und der Auf-
hebung des Eheverhotes zwischen Germanen und Romanen die
Könige Ervich und Egira dennoch von den gentes nostrae oder
nostro imperio suhjugatae; überhaupt begegnet weder hier noch
gar im fangobardischen Italien bis zum Falle beider Reiche ein
Anzeichen nationalen Einheitsgefühles in der politisch vereinig-
ten Bevölkerung^. Dagegen hat später offenbar, wie in Spanien
die arabische, so in Itafien die fränkische Eroberung dazu beige-
tragen, Goten und Langobarden, die sich zugleich eben damals
auch sprachlich entschiedener romanisierten, mit den echten
Romanen rnehr und mehr in einer einzigen Gentilempfindung zu
verbrüdern.
Von selbst versteht sich natürlich, daß unter übrigens gleichen
Umständen die Entwicklung weiterer nationaler Begriffe desto
rascher und besser vonstatten gmg, je näher die vorher gesonderten
Bestandteile der betreffenden Population von Haus aus einander
verwandt gewesen. So spricht alles dafür, daß die neuen Völker-
namen des dntten Jahrhunderts, Alemannen, Franken und Sachsen,
in deren Auftauchen jedenfalls der erste Ansatz zu einer höheren
Ordnung von gentes irn westlichen Germanien zu erkennen lst,
sich im großen und ganzen an die schon ehedem vorhandene, nicht
bloß geograplnsch, sondern auch genealogisch umschriebene
Gruppenbildung unter den dortigen Völkerschaften angelehnt

^ 8. ZEuss 705 u. o. S. 91, A. 1.
2 L.Visig. 11,1,1; 20. Vgl.o. S.79,A.l. DaßdieKönigederWestgoten,
ähnlich den vandalischen, sich nach 584 selber bisweilen rex Gothorum et
Suevorum genannt hätten, scheint mir DAHN, Könige 560 aus der Adresse
eines Briefes von Gregor d. Gr. an Recared voreilig zu schließen. — Die Frag-
mente gepidischen, bulgarischen, sarmatischen Volhstums usw., die sich
der langobardischen Einwanderung in Italien zugesellt, scheinen doch gegen
Ende des 8. Jahrh. faktisch assimiliert gewesen zu sein, da Paulus Diakonus
(II, 26) eben nur von geographischer Fortdauer ihres Namens spricht (vicos
eorum nominibus appellamus).
 
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