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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0094
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94

ALFRED DOVE:

und gens regelmäßig als politische Korrelata behandelt^: auch an
direkten ethnologischen Bezeichnungen, wie gens Occidentahum
Saxonum, Merciorum gens, gens Orientahum Anglorum usf. ist
kein Mangelh Von einer älteren Schicht gentiler Bildungen ist
wenig mehr wahrzunehmen. Noch dauern wohl die Namen jener
zahfreichen kieineren Völkerschaften fort, welche mit Verlust
ihrer Autonomie in die größeren Staaten Wessex, Nordhumher-
fand und vornehmlich Mercia aufgegangen waren; aflein nur ganz
ausnahmsweise, mehr theoretisch, wird der oder jener unter ihnen
hei geneafogischer oder geschichtlicher Erörterung der Charakter
einer gens beigelegth Sie führen sozusagen ein ethnisches Privat-
feben und stören dadurch die neue gentile Staatseinheit selhst dort
nicht, wo sie, wie die Jüten in Wessex, sich von der Mehrheit

1 S. o. S. 46, A. l.
2 Um je ein Beispiel zu geben: gens Occidentafium Saxonum III, 7;
Orientalium Saxonum III, 22; Orientalium Anglorum ib., Cantuariorum
III, 14; Merciorum III, 24; Nordanhymbrorum III, 1. Einzig für die Leute
von Sussex findet sich nirgends gens Australium Saxonum; doch mag dies
Zufall sein, da sie IV, 13 mehrfach als gens bezeichnet werden: erat autem rex
gentis ipsius Aedilualch; evangelizans autem genti episcopus Aülfrid; cf. III,
20 cjui de genere Australium Saxonum erat oriundus. Zu beachten ist indes
andererseits, daß gerade Sussex bereits seit Bedas Jugendzeit (a. 685/6) seine
Selbständigkeit anWessex verloren hatte (IV, 15), so daß es strenggenommen
aus dem Kreise der Heptarchie ausgeschieden war.
^ Einzig I, 15, in dem Kapitel, das eine Übersicht der ursprüngiichen
Ansiedlungen gibt, treten die nachmals Wessex einverleibten λ ictuarii und
Jutae je als eine gens auf, während als noch zu Bedas Zeit üblicher Name
der letzteren nur Jutarum natio, nicht gens angegeben wird (vgl. o. S. 37, A. 3);
die ags. Übersetzung (ZEUSS S. 497) hat dafür Yutnacynn, nicht theod, wahr-
scheinlich doch der lebendigen Rede gemäß, so daß dann vielmehr Beda
cynn absichtlich durch natio wiedergegeben hätte. Ebenso figurieren die
Nordanhymbri allein I, 15 als gentes statt des regelmäßigen gens, mit Rück-
sicht auf ihre Zusammensetzung aus den Bernicii und Deri oder Deiri (cf.
Beda III, 1; 6). Von den letzteren heißen die Bernicii ein einzigesmal gens
(III, 2). Ferner gelten die Mediterranei Angli (die auch I, 15 von den Merci
unterschieden werden) III, 21 zu einer Zeit, wo sie unter einem besonderen
princeps standen, für eine gens. Dagegen fungieren die Huiccii auch da, wo
ihrer eigenen Könige gedacht wird (IV, 13 u. 23), nur als provincia; desgi.
wird den Gyroii, Lindiofari usw. stets, wie jenen Bernicii u. Deri in der Regel,
ohne Betonung ihrer gentilen Eigenschaft lediglich eine regio provincia zuge-
sprochen. Diese beiden Wörter braucht Beda übrigens auch für die Länder
selbständiger gentes (V, 10 heißt selbst das Gebiet der festländischen Sach-
sen provincia), und provincia ist ihm überdies zugleich die Kirchenprovinz,
die in England freilich meist mit dem politischen Territorium zusammenfiel.
 
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