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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0015
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Die Göttin. Psyche.

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εφαγον έκ τής πανοπλίας αύτοΰ sollte nur besagen: sie fraßen ihn
heraus aus seiner Rüstung, verschlangen ihn. Hierdurch ist in
keiner Weise ausgeschlossen, daß in anderem Zusammenhang
die Allseele für den Urmenschen eintritt. Die Grundlage des gan-
zen Systems ist die bekannte Parallelisierung des Makrokosmos
und Mikrokosmos, und wie das Geistige im Menschen als die Seele
oder der in uns lebende Gott gefaßt werden kann, so in dem Weltall.
Den vollen Beweis wird spater die Lehre der Naassener bringen.
Für jetzt möchte ich nur noch auf ein Zeugnis für das Alter dieser
Vorstellungen hinweisen, das uns zugleich auf die literarische Be-
handlung dieser Mythen in der Zeit des Synkretismus gewisse
Schlüsse gestattet.
Es handelt sich zunächst um ein Einzellied des mandäischen
Johannesbuches (p. 222, 6 Lidzb.), dessen Ähnlichkeit mit der
Kosmogonie des Theodor bar Khöni schon der Herausgeber bemerkt
hat.
„Als diese Wohnung noch nicht existierte, als diese .
noch nicht da war, als Sonne und Mond noch nicht da waren und
in der Welt einhergingen1, da brannte schon der Glanz in seinem
Behälter. In ihren Hüllen lagen die Bestimmungen verborgen,
verborgen und verwahrt in ihren Büchern. Die Stürme wahren
Schweigen und sitzen in den Einöden der Welt.“
„Der Vater, der lauter Glanz, das Licht, das lauter Strahlen
(?), der Herr der Größe steht aufrecht im Hause der Vollendung.
Es sprach der Große zum Ersten, seinem Sohne: 'Mein. Sohn,
komm, sei mir ein Bote, komm, sei mir ein Träger, komm sei mir
ein Träger und tritt mir die aufrührerischen Erden nieder. Geh
in die Welt der Finsternis, in die Finsternis, in der es keinen Licht-
strahl gibt, an den Ort der Löwen, an den Sitz der verwünschten
Leoparden, an den Ort der Drachen, an den Sitz der verderb-
lichen Dämonen, an den Ort der Lilithe und Astarten, die verhüllt
sind, an den Ort der Wasserbäche und der lodernden Pechhöfe’.
Da sprach der Erste zum Großen, seinem Vater: 'Steige ich hinab,
wer wird mich hinaufbringen? Falle ich, wer wird mich halten?
Wer wird meine Seele mir Zusammenhalten, damit wir nicht in
das brennende Wasser fallen? Wer wird, mir eine Verdichtung
schaffen, damit wir nicht in das trübe Wasser fallen ? Wer wird
mir meine Krone, die Stirnlocken des Glanzes, auf dem Haupte
1 Vgl. den Eingang des mandäischen Seelenliedes oben S. 10.
 
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