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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0019
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Die Göttin Psyche.

19

Die Göttin gibt also dem All die Beseelung, sie ist die ψύχωσις.
Aus Proclus lernen wir (1 408, 14), daß der πατήρ dabei der Δίς
επέκεινα ist, vgl. auch Anecdot. Ozon III 182, 18 6 δε δίς παρ’
αύτοΐς επέκεινα μεταδίδωσιν έαυτοΰ τοΐς κόσμοις καί κατασπείρει
ευλυτα φέγγη. Von der Allseele, der μήτηρ, geht die Kette der
Seelen aus. Mehr von dem System dürfen wir den späteren Neu-
platonikern keinesfalls entnehmen, da sie ihre Theorien gewaltsam
in diese Orakel hineinpressen; so deutet z. B. Proclus (in Tim.
II 61, 23 und sonst) die πατρικαί διάνοιαι als die μερισταί του
δημιουργού νοήσεις, Jamblichs Quelle bei Stobaios I 366, 2
Wachsm. als die ίδέαι. Eine ursprüngliche, weil mehr mytho-
logische Deutung hat die Quelle des Arnobius II 25 p. 68, 14
Reiffersch. bewahrt haecine est amma docta illa, quam dicitis,
immortalis perfecta divina1 post deum principem reriim et post
Menles geminas1 locum optinens quartum et affluens ex crateribus
vivis. Von der Weltseele wird gesprochen, aber der Zusammenhang
zeigt, daß nach der vorausgesetzten Lehre von der Menschenseele
oder Teilseele alles gilt, was von der Allseele gesagt ist (vgl. II 15
p. 59, 24 ff. quod a novis quibusdam dicitur viris . . . divinas sapien-
tes doclas, p. 62,20; 63,3; 63,11; 64,12; 65,25). Wir gewinnen
aus Arnobius also die Bestimmung, daß nach dem Δίς επέκεινα
zwei Διάνοιαι erwähnt waren und die Weltseele in dieser
Schöpfung den vierten Platz einnahm, ferner, daß von einer
πηγή ψυχών die Rede war (vgl. II 15 p. 60, 6 quia uno ex fonte om-
nium nostrum defluunt animae). Das wird durch ein anderes
'Orakel’ bestätigt, Proclus in Rempubl. II 201, 11 (τά λόγια)
διδάσκοντα περί τής ψυχώσεως, ήν ή πηγή των ψυχών τά πάντα
ψυχοΐ, λέγει·
δεξιτέρης μέν γάρ λαγόνος περί χήραμα χόνδρων
πολλή άδην βλύζει ψυχής λιβάς άρχιγενέθλου,
άρδην έμψυχοΰσα φάος πυρ αιθέρα κόσμους
1 Die Lesung der Handschrift hat zuerst W. Kroll verteidigt; W. Bous-
set, Archiv f. Religionswissensch. XVIII 141, dem sich jetzt Kroll, Rhein.
Mus. 1916 S. 355 anschließt, setzt daher für die πατρικαί διάνοιαι ohne
weiteres den νους πρώτος und νους δεύτερος, ich zweifle ob im Sinne der
Orakel mit Recht. Das von Kroll a. a. O. S. 14 erwähnte Fragment δυάς
παρά τωδε κά-9-ηται- Άμφότερον γάρ έχει, νω μέν κατέχειν τά νοητά, Αϊσ-9-ησιν
δ’έπάγειν κόσμοις möchte ich jedenfalls fernhalten. Hier handelt es sicli um den
Gegensatz von νόησις und αισθ-ησις. Von jeder dem Demiurgen nahestehenden
Gottheit kann das gesagt sein.
 
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