Metadaten

Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0024
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
24

R. Reitzenstein:

merkungen über die Torheit, mit so krassem Unsinn seine Zeit
zu verbringen, brauche ich wohl nicht mehr zu befürchten. Die
Kosmogonie der ‘Manichäer enthält weit krassere und zum Teil
widerwärtigere Phantasien, und wir erkennen doch jetzt, welche
weltgeschichtliche Bedeutung sie gehabt haben und wie viel wir
aus ihnen für die Religionsgeschichte lernen können. Und diese
κοσμοποιία bietet wenigstens formell ein großes Interesse; sie
steht in einer in demselben Papyrus zweimal voll, ein drittes Mal
abgekürzt erhaltenen Zaubervorschrift, und zwar, wie es scheint,
nach dem eigentlichen Gebet als Rezitation, deren Zweck nur sein
kann, die Kenntnis des Zaubernden oder seine Zugehörigkeit zu
einem bestimmten Kult zu erweisen, also als eine Art Amulett
(in weiterem Sinne). Nur an der dritten Stelle wird im Schluß
der Versuch gemacht, diesen Text mit der Handlung einigermaßen
zu verbinden. In dem Text selbst sondern sich überall Zusätze
des Zaubernden von einer religiösen Tradition; sie ist die eigentliche
κοσμοποιία. Das setzt voraus, daß es in einem Kreis oder einer
Gemeinde eine 'heilige Schrift’, und noch dazu eine griechische
'heilige Schrift’ gab, die verschiedene heilige Texte enthielt. Selt-
sam, daß ihre Anlage, soweit ich weiß, noch keine Beachtung
gefunden hat. Dem erzählenden Haupttext geht ein Gebet oder
Einleitungsstück voraus, das mit ihm nur in einem ganz losen
Zusammenhang steht und ihn nur für den kultischen Gebrauch
zurechtmachen soll* 1. Das gibt uns ein Bild jener heiligen Schrift,

gegeben hat, also einen Zaubertext. In den vollen Fassungen dieses
Textes IV 12 und XI 2 fehlt die Bezeichnung (IV 12 gibt eine andere
Überschrift, über die später zu handeln ist). Die sonstigen Überschriften in
Zauberbüchern beziehen sich immer auf die ganze πράξις und geben ent-
weder deren Zweck an oder geben phantastische Titel wie ξίφος dgl.; das
Gebet hat keinen eigenen Titel; es ist ό λόγος, ή στήλη, τό μυστήριον (Col.
III 41 ist nur scheinbare Ausnahme). Die für das Zauberbuch ganz unge-
bräuchliche Bezeichnung κοσμοποιία muß entweder aus der zugrundeliegen-
den religiösen Schrift stammen oder sich durch eine besondere geschichtliche
Entwicklung als Bezeichnung eines bestimmten Zaubergebetes rechtfertigen
lassen.
1 Zu dem Zauber, der inhaltlich ganz abzutrennen ist, gehört noch die
Vorschrift Dieterich §. 181, 21 και εΐπών κατάκου<ου>ε ( ?) επί των στρω-
μάτων κατέχων τήν πινακίδα καί τό γραφεΐον καί λέγε (Zusatz der dritten Fassung
τήν κοσμοποιίαν ής άρχή vgl. oben S. 23,2). Es folgt eine Überschrift (in
Fassung I), dann das Gebet επικαλούμαι σε τον τά πάντα περιέχοντα πάση
φωνή usw. So begann also in der heiligen Schrift der Abschnitt, der ή κοσμοποιία
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften