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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0044
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44

R. Reitzenstein:

mippos, der Schüler des Kallimachos, dem Zoroaster (also dem
Zaratas des Aristoxenos) einen Propheten zum Lehrer, als dessen
Name Agonaces, Azonaces, Abonaces oder ähnliche Formen über-
liefert sind. Da ich einen Zusammenhang dieser Namensform
mit der im Papyrus abgekürzt erhaltenen und den Schreibern unver-
Θ
stündlichen Form ΑΠΟΝ vermutete, bat ich Professor Andreas
um Auskunft, welcher iranische Name bei Plinius gemeint sei.
Er antwortete, nur Asonakes könne in Frage kommen (Form des
Norddialektes). Der Name bedeutet 'der Wissende’ und ist daher
für prophetisch-mystische Lehrschriften wundervoll geeignet; die
Änderung in denTexten des Plinius ist kaum nennenswert. Dies steht
also sicher. Denken wir nun an die Verlesungen im Papyrus in der
ersten 'Überschrift’ Έρμάνουβις είπε, so wird die Annahme, daß der
Schreiber hier ein ursprüngliches C als abgerundetes Π gefaßt
hat, nicht als zu kühn erscheinen, das Θ könnte aus A mit einem
Abkürzungszeichen entstanden sein1. Wenn ich — mit Vorbehalt
natürlich — den Namen Άσονάκης einsetze, so bestärkt mich darin
folgende Erwägung. Hermippos benutzt an der angegebenen
Stelle die Kataloge der alexandrinischen Bibliothek, entnahm also
wahrscheinlich auch die Angabe über Asonakes ihnen. Las er
oder ein Vorgänger in einer kleineren, dem Asonakes zugeschrie-
benen Schrift etwas, das dem uns glücklich erhaltenen Bruch-
stück entsprach, so konnte er mit noch besserem Rechte auf die
Vermutung kommen, dieser Asonakes sei der Lehrer des Zoroaster
gewesen, als Aristoxenos auf seinen Einfall, Zoroaster müsse
Lehrer des Pythagoras gewesen sein. Wir haben eine gewisse Be-
rechtigung, die κοσμοπο da in ihrer ältesten griechischen Form bis
in frühhellenistische Zeit heraufzurücken; ein Moment der Bestä-
tigung wird später der Schluß ab schnitt (§9) bringen. Wie alt das
orientalische Original dann etwa sein mag, müssen die Iranisten
nach dem Verhältnis zu Zarathustra und zu Mani zu bestimmen
versuchen.
Wie man über diese letzten Vermutungen auch urteile, eines
scheint mir festzustehen, worauf es mir im Gange dieser Unter-
suchung besonders ankommt: nicht griechische Philosophie, ja
nicht einmal orientalische Spekulation hat diese Göttin Psyche
geschaffen. Sie ist an ihrem Ort eine echte, bodenständige Gottheit.

1 Zur Not könnte Θ auch Angabe des Buches oder Abschnittes sein.
 
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