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R. Reitzenstein:
Leib nach dem Bilde des Urmenschen geformt1. Wenn es nun heißt,
die Seele sei der Adonis der Assyrier, der Attis der Phrygier usw.,
so kann der Grundgedanke wieder nur sein, daß der Urmensch
die Seele κατ’ έξοχήν ist und die Seelen aus ihm stammen; er ist
der ψυχών αίτιος, wie Hermes bei den Hellenen (V 7, 30 p. 85, 23ff.).
Von dem LIrmenschen und aus der himmlischen Heimat sind sie
niedergesunken, haben ihre Herkunft vergessen und dienen jetzt
dem Herrscher dieser Welt, dem feurigen Gott, dem vierten an
Rang (p. 86, 7). Der εσω άνθρωπος stammt von dem Urmen-
schen, ist ein Teil von ihm (p. 87, 22). Der Urmensch aber ist zu-
gleich der Urheber aller Mischung und Ordnung (p. 89, 25). Sein
Erscheinen hat in die Bewegung der Elemente die Ordnung ge-
bracht (p. 93, 6). Sie haben ihn von Gott erfleht. Allerdings
waltet dabei eine gewisse Unklarheit über das Verhältnis der
ψυχή zu dem ersten Menschen; aber dieselbe Unklarheit fin-
den wir überall, wo der Mythos von dem ersten Menschen er-
scheint2.
So läßt sich wenigstens einigermaßen verstehen, daß in den-
selben Kreisen auch ein Hymnus auf Psyche begegnet. Eine
ursprünglich christliche Dichtung ist er so wenig, wie die Predigt
ursprünglich christlich ist; sonst könnte Jesus nicht verheißen,
er werde der Seele die Gestalten der Götter zeigen, um ihr den
Aufstieg zu ermöglichen. Hier tritt uns die aus heidnischen Gebeten
bekannte Auffassung entgegen: οιδα τδ ονομά σου., οίδά σου
καί τάς μορωάς3. Wenn wir an die Manichäerurkunden denken,
die Jesus mit Psyche zu verbinden scheinen (oben S. 5), ihn aber
wohl für einen älteren Gott einsetzen, und an die Kosmogonie des
Asonakes (oben S. 31), in der Hermes der Führer der Seele ist, drängt
sich die Annahme auf, daß ursprünglich auch hier Hermes als
1 Der Alchemist Zosimos (Poimandres S. 104) läßt von den Archonten .
einen irdischen Leib bilden, in den dann der himmlische Urmensch Φώς herab-
steigt und durch den er geknechtet wird.
2 Von einer Fülle von Hymnen auf ihn weiß Hippolyt V 6, 5 p. 78, 8
und zitiert aus einem die Worte από σου πατήρ και διά σέ μήτηρ, τα δύο αθά-
νατα ονόματα, αιώνων γονείς, πολΐτα ούρανοΰ, μεγαλώνυμε άνθρωπε.
3 Vgl. das Poimandres S. 20 abgedruckte Gebet an Hermes (Kenvon,
Greek Pap. I p. 116 Z. 8), Griffith, The demotic magical papyrus p. 67. 69
oder die Aufzählungen im Papyrus Mimaut Poimandres 147ff. Vgl. 'Historia
Lausiaca und Historia monachorum S. 233.
R. Reitzenstein:
Leib nach dem Bilde des Urmenschen geformt1. Wenn es nun heißt,
die Seele sei der Adonis der Assyrier, der Attis der Phrygier usw.,
so kann der Grundgedanke wieder nur sein, daß der Urmensch
die Seele κατ’ έξοχήν ist und die Seelen aus ihm stammen; er ist
der ψυχών αίτιος, wie Hermes bei den Hellenen (V 7, 30 p. 85, 23ff.).
Von dem LIrmenschen und aus der himmlischen Heimat sind sie
niedergesunken, haben ihre Herkunft vergessen und dienen jetzt
dem Herrscher dieser Welt, dem feurigen Gott, dem vierten an
Rang (p. 86, 7). Der εσω άνθρωπος stammt von dem Urmen-
schen, ist ein Teil von ihm (p. 87, 22). Der Urmensch aber ist zu-
gleich der Urheber aller Mischung und Ordnung (p. 89, 25). Sein
Erscheinen hat in die Bewegung der Elemente die Ordnung ge-
bracht (p. 93, 6). Sie haben ihn von Gott erfleht. Allerdings
waltet dabei eine gewisse Unklarheit über das Verhältnis der
ψυχή zu dem ersten Menschen; aber dieselbe Unklarheit fin-
den wir überall, wo der Mythos von dem ersten Menschen er-
scheint2.
So läßt sich wenigstens einigermaßen verstehen, daß in den-
selben Kreisen auch ein Hymnus auf Psyche begegnet. Eine
ursprünglich christliche Dichtung ist er so wenig, wie die Predigt
ursprünglich christlich ist; sonst könnte Jesus nicht verheißen,
er werde der Seele die Gestalten der Götter zeigen, um ihr den
Aufstieg zu ermöglichen. Hier tritt uns die aus heidnischen Gebeten
bekannte Auffassung entgegen: οιδα τδ ονομά σου., οίδά σου
καί τάς μορωάς3. Wenn wir an die Manichäerurkunden denken,
die Jesus mit Psyche zu verbinden scheinen (oben S. 5), ihn aber
wohl für einen älteren Gott einsetzen, und an die Kosmogonie des
Asonakes (oben S. 31), in der Hermes der Führer der Seele ist, drängt
sich die Annahme auf, daß ursprünglich auch hier Hermes als
1 Der Alchemist Zosimos (Poimandres S. 104) läßt von den Archonten .
einen irdischen Leib bilden, in den dann der himmlische Urmensch Φώς herab-
steigt und durch den er geknechtet wird.
2 Von einer Fülle von Hymnen auf ihn weiß Hippolyt V 6, 5 p. 78, 8
und zitiert aus einem die Worte από σου πατήρ και διά σέ μήτηρ, τα δύο αθά-
νατα ονόματα, αιώνων γονείς, πολΐτα ούρανοΰ, μεγαλώνυμε άνθρωπε.
3 Vgl. das Poimandres S. 20 abgedruckte Gebet an Hermes (Kenvon,
Greek Pap. I p. 116 Z. 8), Griffith, The demotic magical papyrus p. 67. 69
oder die Aufzählungen im Papyrus Mimaut Poimandres 147ff. Vgl. 'Historia
Lausiaca und Historia monachorum S. 233.