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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0068
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R. Reitzenstein:

Von ihnen heißt es, daß sie die Begierden der Menschen entflammen
ερωσι,ν καί πόθοις πλούτων καί δυναστειών καί ηδονών κενοδοξίαις
τε αύ, έξ ών στάσεις καί πόλεμοι φύονται καί τα συγγενή τούτων.
So verbinden sie den Menschen mit der πονηρά δύναμις, dem
bösen Prinzip, das zugleich ihr Oberhaupt ist. Anschauung und
Terminologie sind in der Κλείς ganz gleich; nur daß dort in der
Fortsetzung der angeführten Stelle nicht von bösen Dämonen
die Rede ist. Die fromme Seele wird nur zum guten Dämon.
Die von den Platonikern, bezw. Neuplatonikern, aufgenommene
Lehre stimmt durchaus zu der Anschauung der chaldäischen
Orakel, der die bei Mani bewahrte iranische Lehre einigermaßen
entsprochen haben muß. Von der Lehre Platos im Timaios unter-
scheidet sie sich; für ihn fällt aller Ton auf den Begriff der Welt-
seele; der κόσμος verlangt ein göttliches Bewegungsprinzip; für
den Hermetiker liegt aller Ton auf den Worten από μιας ψυχής
und die Worte τής του παντός sind nur erklärender, vielleicht
philosophischer Zusatz; es handelt sich nur darum, daß alle Einzel-
seelen von einer Urseele abstammen und sich aus ihr nur abge-
sondert haben. Platos Lehre, daß die Einzelseelen aus einem etwas
anderen Stoff bestehen als die Urseele und sogar zu anderer Zeit
geschaffen sind, steht zu dieser Lehre in direktem Widerspruch
und kann daher kaum ihre Quelle sein. Ich glaube also, diese Stelle
der Γενικοί λόγοι mit Recht schon früher {Das Märchen von Amor
und Psyche bei Apuleius S. 83) als Stütze für die Behauptung an-
geführt zu haben, daß in religiösen Lehren der Zeit die Seelen-
substanz personifiziert war. Die zur Erklärung beigefügte Por-
phyrios-Stelle zeigt uns nachträglich zugleich, wie die Valentini-
aner dazu kamen, die 'bösen Geister des Luftreiches5 ebenfalls
aus dieser personifizierten Seelensubstanz abzuleiten1.
Etwas anders ist die Anschauung in zwei Schriften, die trotz
einzelner Abweichungen gerade in der Auffassung der Seele so
starke, auch wörtliche Übereinstimmungen zeigen, daß sie zusam-
men behandelt werden müssen, cap. XI (XII) des griechischen
Corpus, Νους προς Έρμήν, und der alte Teil des Asclepius des Pseudo-
Apuleius. Jos. Kroll legt sie seinen Ausführungen zugrunde,
geht aber leider an den entscheidenden Stellen nicht von der
Überlieferung, sondern den Interpolationen des Patricius aus
1 Rein iranische Lehre brauchte das allerdings nicht mehr zu sein (man
denke an die Rolle des Feuers als Vertreters des bösen Prinzipes und des
Todes).
 
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