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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0091
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Die Göttin Psyche.

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dafür gebracht; es sagt ja ausdrücklich, daß der Palast und die
gute Ruhestätte für Psyche bestimmt sind. Der Anfang des Zauber-
gebetes entstammt also dem hellenisierten iranischen Vorstellungs-
kreise und gibt eine Invokationsformel älterer Zeit. Soweit ist alles
vollkommen sicher. Wir können auch a priori feststellen, daß
wohl noch weitere Vorstellungen und Formeln desselben Ursprungs
in dem Gebet enthalten sein werden, aber wir können es leider
nicht wirklich analysieren1. Eingemischt haben sich in das ganze
Stück auch ägyptische Vorstellungen, und zwar Vorstellungen,
die an den Sonnengott, das Horuskind (Harpokrates), geknüpft
sind, offenbar weil Harpokrates mit Eros identifiziert wurde, vgl.
in dem Anhang zu dem dritten, stark ägyptisierten Gebet (Col.
III 6—13) die charakteristischen Worte 6 επί του λωτοΰ καθή-
μενος καί λαμπυρίδων τήν ολην οικουμένην2, endlich sogar eine For-
mel aus ägyptisch-jüdischem Zauber (Col. III 19). Wenn in
dieser Verbindung in der Aufzählung der Gestalten des Gottes,
die an sich ägyptisch ist3, Col. III 16 gesagt wird: έν δέ τοΐς
προς νότον μέρεσιν δράκων εί πτεροειδής4· ως γάρ έφυς τη άληΈεία, so
war es vielleicht voreilig, wenn ich früher sofort und ausschließlich
daraus auf eine orientalische Darstellung eines dem Eros gleich-

1 Einen wenigstens kleinen Beitrag dazu liefert eine formelle Beobach-
tung. Der ιερός λόγος des Zaubers ist durch eine junge Gebetseinlage, eine
Doublette zu dem Anfang, zerrissen; zusammen gehören Col. II 4 und 16:
’Έφ-9-ασε το πυρ έπί τά είδωλα τά μέγιστα, κατέπηκτο (κατεπειετο Pap.) ό ουρανός
τον κύκλον μή γινώσκων του άγιου κανθ-άρου . . κάνθ-αρος ό πτεροφυής μ.εσουρανών
τύραννος άπεκεφαλίσθη (Variante dazu ή <διεγ>μ.ελίσ·8·η), τό μέγιστον καί ένδοξον
αυτού κατεχρήσαντο καί δεσπότην τού ούρανοϋ συνκατακλείσαντες ήλλαξαν. έάν δ’
εμού παρακούσης, κατακαήσεται ό κύκλος καί σκότος έσται κα-θ·’ δλην τήν οικουμέ-
νην καί ό κάνθαρος κατασβήσεται ( ?), έως ποιήσεις μοι πάντα όσα γράφω ή λέγω
άπαραβάτως. Ägyptisch ist die Erwähnung des Sonnenkäfers (ähnliche Be-
schwörungen kennt Pseudo-Jamblich De myst. VI 5 aus Chairemon, also aus
Neros Zeit). Dennoch scheint auch hier schon ein fremdartiger Teil ein-
gemischt: der gefangene Himmelsgott, der verändert wird, erinnert etwas an
den Mythos vom πρώτος άνθρωπος. Das eingesprengte Gebet (Col. II 8—16)
stammt aus anderer, rein ägyptischer Quelle.
2 Die Sache ist wohl bekannt; die Formel begegnet auch in dem demo-
tischen Zauberpapyrus von London und Leiden (Ausgabe von Griffiti-i
p. 29): this lotus-flower that came forth from in the lotus oj Pnastor, ancl that
illuminates the whole earth.
3 Sie begegnet gerade bei Horus nicht selten.
4 In anderen Fassungen richtig πτεροφυής (Dieterich S. 760).
 
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