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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0101
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Die Göttin Psyche.

101

auch mögliche Übersetzung des Fragmentes 'deinetwegen ist der
gute Schiffer, die aus Licht bestehende Psyche, geschmückt wor-
den, damit sie dich herüberführe mit Heil von uns nach dem.
Lichtreich’ ausgeschlossen.“
Mit dieser Vorstellung hängt offenbar die Darstellung auf
dem Sarkophag zusammen, nur ist statt des göttlichen Gesandten
Eros eingesetzt; sie geht also nicht unmittelbar auf den Mani-
chäismus oder die Mithras-Religion zurück; eine griechische Mittel-
schicht hat sich eingeschoben* 1. Freilich bleibt noch etwas unklar.
Wohl ist leicht verständlich, daß Eros als göttlicher Bote die froh-
lockende Psyche zurückbringt, weniger aber, daß er es auch ist,
der die trauernde ins Reich der Materie oder bis an die letzte Sphäre
des Lichtreiches (den Mond) führt, aus der sie sich dann nieder-
stürzen müßte. Auf die Fahrt in die Unterwelt (nach dem Lebens-
wasser) möchte ich das Bild am wenigsten deuten; sie scheint
vorauszusetzen, daß Eros siech und Psyche von ihm getrennt ist.
Wir müssen uns für jetzt noch bescheiden, den einen neuen Typos,
den die bildende Kunst uns bewahrt hat, nicht ohne weiteres in
die vorauszusetzende Erzählung einpassen zu können.
Dagegen hilft uns die Darstellung auf diesem Sarkophag schon
jetzt, einen weiteren aus der hellenistischen Erzählung entsprun-
genen Typus richtig zu würdigen, der sich auf dem berühmten
Weinlese-Sarkophag des Laterans (Marucchi N. 183A, Ficker 181,
unten Taf. IIb) findet. Die breite Fläche ist durch drei auf Posta-
menten stehende Gestalten des guten Hirten, der das verirrte Lamm
bedeutet den durch Mithras Gereinigten oder Erlösten (Prof. Andreas).
Vgl. für das Reinigen (Schmücken) der Seele durch die Sonne auch
Schahrastäni 191 bei .Flügel, Mani S. 228.
1 Ich betone, daß für mich aus einer Analyse des Mythos bereits fest-
stand, daß Eros in ihm auch für den Götterboten eingetreten ist, ehe mir in
letzter Stunde Prof. Andreas die überzeugende Deutung des manichäischen
Fragmentes mitteilte, die eine fast urkundliche Bestätigung bringt. Natür-
lich weiß ich, daß an sich die Vorstellung der Sonnenbarke, in welcher der
Verstorbene über den Himmel fährt, auch ägyptisch ist und daß in Ägypten
der Horus-Knabe (Harpokrates) ganz zum Eros geworden ist, endlich daß
der ’Έρως θεοϋ oder θείος in der mystischen Sprache alexandrinischer Autoren
(z. B. Philo) als Vermittler mit Gott besonders hervortritt. Aber ich kann in
dem allen nur die Erklärung dafür finden, daß ein Grieche in Ägypten beson-
ders leicht auf den Gedanken kommen konnte, für den Gesandten des irani-
schen Mythos Eros einzusetzen und den Mythos umgeändert zu übernehmen.
Denn die Vorstellung einer Göttin Psyche, an der alles hängt, ist durchaus
unägyptisch, wie mir auch Prof. Sethe bestätigt.
 
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