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R. Reitzen stein :
λόμενοςτό πορθμέων παρώρμισεν, τής δέ έναλλομένης έφώρμισεν καί διέσω-
σεν. Ich fragte sofort Prof. Spiegelberg, ob das nicht in dem demoti-
schen Papyrus von der Göttin Tefnut vorkomme, und erhielt um-
gehend die Korrekturblätter des noch unveröffentlichten Textes1
(Col. XXI 8ff.): „Sie verwandelte sich in eine Gazelle. Es
geschah, daß sie Theben (Δωσπολις) gegenüber schlief, während
der Affe zu ihren Häupten wachte. Ferner es versteckte sich eine
. . . der Apophisschlange von Htrk zu ihren Häupten. Da kamen
sie nach. Der Affe weckte sie auf, sprang mit ihr in
den Sumpf (?) und verschwand (?) mit ihr in dem Dickicht.“
Wir sehen, daß noch im zweiten Jahrhundert derartige mythische
Novellen, die lediglich der Unterhaltung dienen, in Ägypten, wo
diese Art Literatur seit Alters heimisch ist, auch griechisch erschei-
nen2. Schade, daß ein für die Ägyptologie so wichtiger, vielleicht
einzigartiger Fund seit fast drei Jahrzehnten unbenutzt liegt. Die
Entwicklung von der ersten griechischen Umdichtung des irani-
schen Mythos in Alexandria bis zu dem Roman des Apuleius läßt
sich also wohl verstehen und mit Beispielen belegen. Jene erste
Umdichtung aber fiel noch in die Zeit dichterischer Schaffens-
kraft, die Zeit, als auch auf religiösem und philosophischem Gebiet
der Hellene sich noch fremde Einwirkungen innerlich zu eigen zu
machen vermochte.
So weit hat sicherer Boden uns getragen und ein neues lite-
rarisches γένος religiöser oder halbreligiöser Literatur ist dabei
in greifbaren Umrissen zutage getreten. Wenden wir uns jetzt
noch einmal dem unsicheren Gebiet, das vorausliegt, zu und ver-
suchen soviel als möglich von dem Urmythos zurückzugewinnen.
Die Schwierigkeit liegt darin, daß uns von der ersten griechischen
Bearbeitung doch nur einzelne Züge bruchstückartig erhalten
sind3, von dem Urmythus aber nur der Hauptgedanke und das
ausgeführtere Gegenbild in dem Mythos vom Urmenschen. Noch
einmal betone ich, daß der Versuch, hieraus nachdichtend den My-
1 [Inzwischen erschienen: Der ägyptische Mythus vom Sonnenauge
nach dem Leidener demotischen Papyrus I 384 bearbeitet von W. Spiegelberg,
Straßburg 1917, vgl. dort S. 51 ff.]
2 Welche literarische Einflüsse dabei weiter auf den von Apuleius be-
handelten Mythos wirken konnten, habe ich in dem angeführten Büchlein
zu zeigen versucht.
3 Wir füllen die Lücken nur vermutungsweise mit dem Material der
jüngeren Bearbeitung aus.
R. Reitzen stein :
λόμενοςτό πορθμέων παρώρμισεν, τής δέ έναλλομένης έφώρμισεν καί διέσω-
σεν. Ich fragte sofort Prof. Spiegelberg, ob das nicht in dem demoti-
schen Papyrus von der Göttin Tefnut vorkomme, und erhielt um-
gehend die Korrekturblätter des noch unveröffentlichten Textes1
(Col. XXI 8ff.): „Sie verwandelte sich in eine Gazelle. Es
geschah, daß sie Theben (Δωσπολις) gegenüber schlief, während
der Affe zu ihren Häupten wachte. Ferner es versteckte sich eine
. . . der Apophisschlange von Htrk zu ihren Häupten. Da kamen
sie nach. Der Affe weckte sie auf, sprang mit ihr in
den Sumpf (?) und verschwand (?) mit ihr in dem Dickicht.“
Wir sehen, daß noch im zweiten Jahrhundert derartige mythische
Novellen, die lediglich der Unterhaltung dienen, in Ägypten, wo
diese Art Literatur seit Alters heimisch ist, auch griechisch erschei-
nen2. Schade, daß ein für die Ägyptologie so wichtiger, vielleicht
einzigartiger Fund seit fast drei Jahrzehnten unbenutzt liegt. Die
Entwicklung von der ersten griechischen Umdichtung des irani-
schen Mythos in Alexandria bis zu dem Roman des Apuleius läßt
sich also wohl verstehen und mit Beispielen belegen. Jene erste
Umdichtung aber fiel noch in die Zeit dichterischer Schaffens-
kraft, die Zeit, als auch auf religiösem und philosophischem Gebiet
der Hellene sich noch fremde Einwirkungen innerlich zu eigen zu
machen vermochte.
So weit hat sicherer Boden uns getragen und ein neues lite-
rarisches γένος religiöser oder halbreligiöser Literatur ist dabei
in greifbaren Umrissen zutage getreten. Wenden wir uns jetzt
noch einmal dem unsicheren Gebiet, das vorausliegt, zu und ver-
suchen soviel als möglich von dem Urmythos zurückzugewinnen.
Die Schwierigkeit liegt darin, daß uns von der ersten griechischen
Bearbeitung doch nur einzelne Züge bruchstückartig erhalten
sind3, von dem Urmythus aber nur der Hauptgedanke und das
ausgeführtere Gegenbild in dem Mythos vom Urmenschen. Noch
einmal betone ich, daß der Versuch, hieraus nachdichtend den My-
1 [Inzwischen erschienen: Der ägyptische Mythus vom Sonnenauge
nach dem Leidener demotischen Papyrus I 384 bearbeitet von W. Spiegelberg,
Straßburg 1917, vgl. dort S. 51 ff.]
2 Welche literarische Einflüsse dabei weiter auf den von Apuleius be-
handelten Mythos wirken konnten, habe ich in dem angeführten Büchlein
zu zeigen versucht.
3 Wir füllen die Lücken nur vermutungsweise mit dem Material der
jüngeren Bearbeitung aus.